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Politik: Angst vor der nächsten Bombe Bagdad am Tag danach: Helfer wissen nicht, ob sie bleiben sollen

Verloren steht Ammar Mohammed hinter dem Mauerrest, der von der Rezeption des Hotels „Berg Libanon“ übrig geblieben ist. Der stellvertretende Manager des Hotels im Zentrum Bagdads schaut hinaus.

Verloren steht Ammar Mohammed hinter dem Mauerrest, der von der Rezeption des Hotels „Berg Libanon“ übrig geblieben ist. Der stellvertretende Manager des Hotels im Zentrum Bagdads schaut hinaus. Der Blick ist frei, denn die gesamte Fassade des mehrstöckigen Hotels ist weggerissen. Auf der staubigen Straße stehen sechs ausgebrannte Autowracks, eines mit Münchner Nummernschild. Kleine Rauchsäulen steigen noch auf, es riecht nach verbranntem Gummi. Ein metertiefer Krater in der Straßenmitte zeigt den Ort, an dem die 500 Kilo schwere Autobombe am Mittwochabend explodierte.

Wie viele Menschen sie getötet hat, ist nach wie vor unklar, es sind aber wohl weniger als die zunächst gemeldeten 27 Opfer. Die US-Armee sprach von 17 Toten, das irakische Innenministerium von sieben.

„Damit haben wir nie gerechnet“, sagt Mohammed, „dies ist eine Wohngegend von Irakern, schräg gegenüber steht ein Krankenhaus.“ Die Gäste im Hotel seien zumeist Iraker oder Araber gewesen. Daher war das Hotel auch nicht besonders gesichert. Mohammed hat Glück gehabt. Er war auf dem Heimweg von der Arbeit, als die Bombe in der kleinen Seitenstraße explodierte. Der hagere Mann stützt sich auf den dunkelgrünen Safe aus Stahl, der unbeschädigt in den Trümmern steht. „Ich verstehe das alles nicht.“

Viele Iraker sind so ratlos. „Da kann man mir noch so oft erklären, dass die Sunniten sich ausgeschlossen fühlen, oder die Schiiten mehr Macht wollen – damit kann man doch einen solchen Anschlag auf ein Hotel voller Araber nicht erklären“, meint die Sozialarbeiterin Samira am Straßenrand. Nachdem es am Donnerstag auch in Basra und Bakuba Anschläge gab, bei denen mindestens fünf Menschen starben, werden weitere Aktionen zum Jahrestag des Kriegsbeginns befürchtet.

In ausländischen Hilfsorganisationen wird überlegt, welches das nächste Anschlagziel sein wird. Wer war der Brite, der ums Leben gekommen sein soll? Waren die ägyptischen Mitarbeiter der Telekommunikationsfirma Orascom, die in dem Hotel lebten, Ziel des Angriffs? War das Hotel womöglich gar nicht das anvisierte Ziel? Doch es fällt schwer, eine Logik hinter dem Anschlag zu entdecken, aus der man Rückschlüsse ziehen könnte. So beschließt eine Hilfsorganisation, ihre Arbeit fortzusetzen, eine andere schickt ihre Mitarbeiter bis Dienstag nach Hause, eine weitere fliegt ihre ausländischen Mitarbeiter am Montag aus. Es gibt keine eindeutigen Kriterien, und so verlässt sich jeder am Ende auf sein eigenes Gefühl.

Das tut auch die irakische Dichterin Amal al Jabouri. Sie will die für den heutigen Freitag geplante Eröffnung des deutsch-irakischen Kulturzentrums nicht verschieben. Auch der neue deutsche Geschäftsträger im Irak und der irakische Kulturminister haben bisher nicht abgesagt. „Ich höre auf mein Gefühl und denke, dass alles gut gehen wird“, sagt Al Jabouri, die die Idee zu dem Kulturzentrum sowie der angeschlossenen deutschen Schule hatte und die treibende Kraft dahinter ist. Aber man habe natürlich Polizeischutz vom Innenministerium angefordert. Die Dichterin will genau ein Jahr nach Kriegsbeginn ein positives Signal setzen. Trotzig und von weitem sichtbar flattert an einem der beiden Häuser ein orangefarbenes Transparent mit der Aufschrift: „German School“.

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