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© picture-alliance/dpa

Anti-Terror-Kampf: Vertrauen gegen Vertrauen

Pilotprojekt für Europa: USA und Deutschland planen Informationsaustausch über potenzielle Terroristen.

Berlin - Der erste Hinweis auf eine der größten Anschlagsgefahren der vergangenen Jahre in Deutschland kam aus den USA. Er zielte auf jene Islamisten, die dann im Herbst 2007 im Sauerland gefasst wurden, als sie bereits große Mengen Wasserstoffperoxid für einen Anschlag gehortet hatten. An sich sind die USA nicht dafür bekannt, Informationen über Terroristen großzügig an die Sicherheitsbehörden befreundeter Staaten weiterzugeben. In diesem Fall aber befürchteten sie Anschläge auf US-Einrichtungen. Die Unterrichtung kam zügig.

Mit einem Abkommen, das der US-Minister für Homeland Security, Michael Chertoff, und sein Justizkollege Michael Bernard Mukasey am Dienstag in Berlin gemeinsam mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) paraphieren wollen, soll jetzt ein Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten geregelt und so intensiviert werden. Zunächst ist ein bilateraler Austausch im Kern in drei Bereichen vereinbart: Die USA und Deutschland übermitteln sich gegenseitig Erkenntnisse über als Gefährder eingeschätzte Personen (z. B. Name, Staatsangehörigkeit und Hinweise zum Terrorverdacht). Die Übermittlung soll spontan erfolgen, also auch ohne dass das Partnerland eine Anfrage stellt. Es geht darum, dass etwa die USA den Deutschen einen Hinweis geben, wenn sie Erkenntnisse darüber haben, dass ein potenzieller Terrorist in den USA auch für Deutschland eine Bedrohung sein könnte. Der Austausch aus den Gefährderdateien beschränkt sich auf den Terrorismus.

Als zweites Element ist der Abgleich von DNS-Daten vorgesehen. Zur Strafverfolgung sowohl im Bereich Terrorismus als auch bei schwerwiegenden Straftaten wie etwa Mord, Brandstiftung oder Sexualdelikten wurde das „hit/no-hit“- Prinzip vereinbart. Gibt es bei einem Anschlag oder in einem Mordfall eine DNS-Spur, dann kann diese als Anfrage an die DNS-Datenbank des Partnerlandes geschickt werden. Sollte es dort dann einen passenden Datensatz geben („hit“), werden die Ermittlungen mittels konventioneller Rechtshilfe fortgesetzt. Bei Terrorismus und schwerwiegenden Taten, auch präventiv, ist noch der Abgleich von Fingerabdruckdaten vereinbart. Ausgehandelt sind zudem umfangreiche Datenschutzbestimmungen wie die Korrektur falscher Daten, Löschfristen für Datensätze und die Möglichkeit, die Daten mit Verwendungsbedingungen zu versehen. Wenn das Abkommen unterschrieben ist, muss es in Deutschland noch ins Parlament. Dafür wird Schäuble einen Gesetzentwurf vorlegen. In den USA ist keine Ratifikation nötig.

Das Regelwerk ist Ergebnis der engen Zusammenarbeit zwischen Schäuble und Chertoff. Für den US-Minister ist der deutsche Innenminister der wichtigste Ansprechpartner in Europa. Nach Ansicht von Schäuble soll das jetzt vereinbarte Projekt Pilotcharakter haben. In der Präambel wird angeregt, dass sich auch die anderen 26 EU-Staaten dem Austausch anschließen. Ausgangsidee ist der Prümer Vertrag, auf dessen Grundlage die europäischen Behörden bereits in der Terrorbekämpfung kooperieren.

Nun muss noch eine technische Umsetzungsvereinbarung folgen. In Deutschland gibt es Datenbanken wie die BKA-Gefährderdatei schon, in den USA ist die Umsetzung aufgrund der Struktur der Sicherheitsbehörden komplizierter. In der Vergangenheit hatte sich die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem US-Rendition-Programm zur Entführung Terrorverdächtiger außerdem bei der US-Regierung über mangelnden Informationsfluss beschwert. Der Wert des Abkommens wird sich für die deutsche Seite deshalb in der praktischen Umsetzung zeigen.

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