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Politik: Anwälte: Kein fairer Prozess für Kaplan

Istanbul - Nach dem Urteil gegen den Islamistenführer Metin Kaplan in Istanbul erheben die Anwälte des „Kalifen von Köln“ schwere Vorwürfe gegen die türkische Justiz. Die Türkei habe ihr Versprechen gegenüber den deutschen Behörden gebrochen, Kaplan ein faires Verfahren einzuräumen, sagte Kaplans Anwalt Ismet Koc am Dienstag.

Istanbul - Nach dem Urteil gegen den Islamistenführer Metin Kaplan in Istanbul erheben die Anwälte des „Kalifen von Köln“ schwere Vorwürfe gegen die türkische Justiz. Die Türkei habe ihr Versprechen gegenüber den deutschen Behörden gebrochen, Kaplan ein faires Verfahren einzuräumen, sagte Kaplans Anwalt Ismet Koc am Dienstag. So habe sich das Gericht auf Aussagen von Kaplan-Anhängern gestützt, die durch Folter erpresst worden seien. Nur unter Verwendung dieser nach internationalen Standards unzulässigen Aussagen habe das Gericht den Angeklagten als „Terroristen“ bezeichnen und zu lebenslanger Haft verurteilen können. Zudem habe sich das Gericht geweigert, Entlastungszeugen für Kaplan zu laden. Ein anderer Anwalt Kaplans, Hüsnü Tuna, sagte, Teile des 35 Seiten langen Urteils seien schon vor dem Schlussplädoyer der Verteidigung geschrieben worden.

Damit könnte das Kaplan-Urteil neue Verstimmungen zwischen Deutschland und der Türkei auslösen. Bundesinnenminister Otto Schily hatte vor der Abschiebung des Islamistenführers von Düsseldorf nach Istanbul im vergangenen Oktober den türkischen Behörden die Zusage abgenommen, dass der „Kalif“ in der Türkei mit einem rechtsstaatlich einwandfreien Verfahren rechnen könne. Die mögliche Verwendung von Folter-Aussagen in einem türkischen Verfahren gegen Kaplan waren vorher bereits von deutschen Gerichten angeführt worden, die eine Abschiebung des „Kalifen“ ablehnten.

Der „Kalif“ ist in den Augen der strikt laizistischen türkischen Justiz kein gewöhnlicher Angeklagter. Wie er vor Gericht freimütig zugab, will Kaplan in der Türkei ein Regime errichten, „in dem der Koran die Verfassung, die Scharia die Rechtsordnung und der Islam der Staat ist“. Sein Argument, die Richter dürften ihn nicht als Terroristen verurteilen, nur weil er unliebsame Ideen über den türkischen Staat äußere, mag zwar formell richtig sein – es ist aber auch wirklichkeitsfremd.

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