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Vor der Zentralbank in Damaskus ist Baschar al Assad noch Herr des Geschehens.

© REUTERS

Syrien: Araber lassen Assad fallen

Syriens Präsident soll die Macht an seinen Vize abgeben Die Arabische Liga will sonst UN-Sicherheitsrat anrufen.

Hinter den Kulissen der Arabischen Liga rumort es gewaltig. Gerade erst hatte ein Unterkomitee der Organisation den Außenministern empfohlen, die umstrittene Beobachtermission in Syrien auszuweiten und um einen Monat zu verlängern. Grundlage war der Bericht des Leiters der Mission, de sudanesische General Mohammed Ahmed Mustafa al Dabi. Da verkündete Saudi-Arabien am späten Sonntagabend überraschend, dass es sich nicht mehr beteilige, weil die Mission ihr Ziel, die Gewalt zu beenden, verfehlt habe.

Und dann zaubern die Minister plötzlich eine revolutionäre Kehrtwende aus dem Hut und fordern den syrischen Präsidenten Baschar al Assad auf, seine Macht an den Vizepräsidenten abzugeben. Innerhalb von zwei Wochen solle das Regime einen „ernsthaften Dialog“ mit der Opposition unter Aufsicht der Arabischen Liga aufnehmen. Nach zwei Monaten soll eine Übergangsregierung stehen, unter Einschluss der Opposition. Diese soll Parlamentswahlen vorbereiten und innerhalb von drei Monaten außerdem die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung organisieren. Syrien lehnt den Plan als „schamlose Einmischung“ in innere Angelegenheiten ab. Ob Syrien unter diesen Umständen die weitere Präsenz arabischer Beobachter akzeptiert, ist unklar.

Treibende Kraft hinter dem überraschenden Schwenk scheint wieder einmal Katar gewesen zu sein. Denn es war der katarische Premier Sheikh Hamad bin Jassim al Thani, der die Erklärung in der Nacht zum Montag bekannt gab. Der Plan solle den „friedlichen Abgang des Regimes Assad“ ermöglichen und ähnele dem Plan, den der Golf-Kooperationsrat für den Machtwechsel im Jemen aufgestellt hatte. Auch in der syrischen Regierungspresse wird Katars Premier für die harte Linie der Arabischen Liga verantwortlich gemacht. „All seine Entscheidungen werden von Hass und Rache motiviert, nicht nur gegen Syrien und die Syrer, sondern alle Araber“, schreibt die Tageszeitung „Ath-Thawra“.

Gleichzeitig wurde ein weiterer Schritt in Richtung Internationalisierung des Konfliktes in Syrien gemacht. Nicht nur wurden die Vereinten Nationen gebeten, den arabischen Plan zu unterstützen. Damit wolle man ihm laut dem Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al Arabi „mehr Gewicht geben“. Präsident Assad, der die Vorschläge ablehnte, wurde außerdem offen angedroht, dass die Liga den Fall Syrien notfalls an den UN-Sicherheitsrat weiterleiten werde. „Wenn diese Initiative nicht umgesetzt wird, werden wir den UN-Sicherheitsrat anrufen, der dann Entscheidungen fällen wird“, machte Katars Premier deutlich.

Zuvor soll der Leiter der Mission in Syrien, General al Dabi, laut diplomatischen Kreisen beide Seiten in Syrien für das Blutvergießen verantwortlich gemacht haben. Er verteidigte die Arbeit seines Teams in Syrien. Der Sudanese, der von Syriens Opposition scharf kritisiert worden war, erklärte am Montag vor der Presse in Kairo, die Aufgabe der Beobachter sei es nicht, die Wahrheit zu ermitteln, sondern die Umsetzung des Protokolls der Liga zu überwachen. Das Protokoll sieht den Abzug der Truppen aus den Städten vor sowie die Freilassung der politischen Gefangenen. Al Dabi erklärte, in den vergangenen Tagen seien 2239 Gefangene freigelassen worden. Allerdings wisse niemand, wie viele Menschen insgesamt in Zusammenhang mit den Protesten festgenommen worden seien. Der syrische Nationalrat, ein Zusammenschluss der Opposition im Ausland, der zuvor für ein direktes Anrufen des UN-Sicherheitsrates gekämpft hatte, begrüßte den Plan. Die Opposition in Syrien gab sich skeptischer, weil sie glaubt, dass es an Mechanismen fehle, um den Plan umzusetzen, und damit gehe das Blutvergießen nur weiter.

Unterdessen bekommt das bedrängte Regime in Damaskus Unterstützung aus Moskau. Laut einem Medienbericht verkauft Russland dem arabischen Land 36 militärische Trainingsflugzeuge des Typs Jak-130 (Nato- Code: „Mitten“). Der Vertrag im Wert von 550 Millionen US-Dollar (etwa 427 Millionen Euro) sei bereits unterschrieben worden, berichtete die Moskauer Zeitung „Kommersant“ am Montag unter Berufung auf den staatlichen Rüstungskonzern Rosoboronexport. Die zweistrahlige Jak-130 kann mit Bomben sowie mit Raketen für den Luftkampf und die Bekämpfung von Erdzielen ausgerüstet werden.

Vor allem die USA kritisieren russische Rüstungsexporte nach Syrien scharf. Moskau weist die Vorwürfe zurück: Es gebe kein international bindendes Waffenembargo gegen das Land. Ein russisches Schiff mit 60 Tonnen Munition hatte vor kurzem in Syrien angelegt.

Der einflussreiche Außenpolitiker Michail Margelow warnte unterdessen vor einem Bürgerkrieg in dem Krisenland. „Derzeit steckt die Situation in Syrien in einer Sackgasse“, sagte Margelow nach Angaben der Agentur Interfax. mit dpa

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