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Politik: Arabische Welt reagiert kaum auf Arafat-Bericht Exhumierung soll schnell stattfinden

Der Bericht des arabischen Senders Al Dschasira über eine mögliche Vergiftung des Palästinenserchefs Jassir Arafat hat in Europa und den USA mehr Aufregung ausgelöst als in der arabischen Welt. Selbst in den Palästinensergebieten reagierte die Bevölkerung gelassen.

Der Bericht des arabischen Senders Al Dschasira über eine mögliche Vergiftung des Palästinenserchefs Jassir Arafat hat in Europa und den USA mehr Aufregung ausgelöst als in der arabischen Welt. Selbst in den Palästinensergebieten reagierte die Bevölkerung gelassen. Die Palästinenser hatten Israel von Anfang an der Ermordung Arafats beschuldigt, während Israel dies seit 2004 entschieden dementiert.

Nun soll die Leiche Arafats exhumiert werden. Es fehle nur noch die formelle Zustimmung von Arafats Witwe Suha, sagte der Vorsitzende der palästinensischen Untersuchungskommission, Tawfik Tirawi. „Wir sind zur Durchführung der Autopsie bereit“, sagte er. Suha Arafat hatte im Interview mit Al Dschasira selbst eine Exhumierung gefordert.

In Ramallah und Jerusalem wird vermutet, dass der Bericht über die hohen Werte des radioaktiven Gifts Polonium in Arafats Kleidung vor allem Al Dschasira selbst dienen sollte. Tatsächlich hat sich durch den Arabischen Frühling und die anhaltende dramatische Entwicklung in Syrien das Interesse der Zuschauer vom Palästina-Konflikt gelöst, der für Al Dschasira jahrelang das zentrale Thema seiner Berichterstattung war.

Der Sender dürfte überrascht sein, dass es kaum Reaktionen von arabischen Zuschauern gab. Während täglich Hunderte zur Lage in Syrien Stellung beziehen, bekam der Sender nur ein paar Dutzend Kommentare zum Arafat-Report, in denen auch die Witwe kritisiert wurde: Sie solle dem palästinensischen Volk ihre gestohlenen Millionen zurückgeben oder den Mund halten.

Der israelische Abgeordnete Avi Dichter, seinerzeit Chef des Schin-Beth-Geheimdienstes und für viele Palästinenser der Hauptverdächtige, bestreitet energisch, etwas mit Arafats Tod zu tun gehabt zu haben. Gelassen weist er darauf hin, dass „Arafat viele Feinde hatte, zu Hause und im Ausland“.

Arafat war 2004 nach einer wochenlangen israelischen Besetzung seines Regierungssitzes in Ramallah plötzlich erkrankt und gute zwei Wochen später in einem Pariser Krankenhaus gestorben. Die Todesursache wurde nie bekannt gegeben. Israels Ja zur Behandlung im Ausland kann als Beweis dafür gewertet werden, dass nicht der Geheimdienst für Arafats Tod verantwortlich war. Auf der anderen Seite ist Israel wohl der Hauptnutznießer von Arafats Tod. Danach folgten Diadochenkämpfe im Lager der Palästinenser. Genau das, was der damals neue israelische Ministerpräsident Ariel Scharon sich erhofft hatte. Ob Scharon möglicherweise den Befehl zur Liquidierung Arafats gegeben hat, wird wohl nie bekannt werden. Scharon hat dieses Geheimnis in sein nunmehr sechs Jahre andauerndes Koma mitgenommen.

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