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Arbeitslosengeld: CDU streitet weiter um ihre Ausrichtung

Eine Woche vor dem CDU-Parteitag in Dresden hat sich der Streit über das Arbeitslosengeld I verschärft. Parteivize Christian Wulff und weitere CDU-Politiker warnten vor einem "Linksruck" der Christdemokraten.

Berlin - Mehrere CDU-Ministerpräsidenten stellten sich gegen ihren nordrhein-westfälischen Kollegen Jürgen Rüttgers und dessen Plan für eine längere Bezugsdauer des ALG I für Ältere. Auch die SPD attackierte erneut die Rüttgers-Pläne. Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) warf Rüttgers vor, eine "vollkommen falsche politische Philosophie" zu verfolgen. Er nehme den Jungen, was er den Alten geben wolle. Wulff schlug als Kompromiss vor, das ALG I für ältere Arbeitslose von 18 auf 22 Monate zu verlängern.

Wulff warnte seine Partei in der "Bild am Sonntag" vor Opportunismus und Populismus. Dies werde vom Wähler bestraft. "Deshalb ist eine Linksverschiebung der Union mit mir nicht zu machen." Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) will auf dem Parteitag laut "Spiegel" die direkte Konfrontation mit Rüttgers suchen und einen Antrag zur Abstimmung stellen, in dem die Reformbeschlüsse der CDU bekräftigt werden.

Stoiber stellt sich hinter Rüttgers

Wulff schlug zum ALG I vor: "Wer 40 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, könnte etwas länger Arbeitslosengeld I bekommen, etwa 22 statt wie bisher 18 Monate." Wenn Nordrhein-Westfalen hierzu ein kostenneutrales Konzept vorlege, sei er gesprächsbereit, sagte der niedersächsische Ministerpräsident. CSU-Chef Edmund Stoiber stellte sich hinter Rüttgers. Er verteidigte im Magazin "Spiegel" dessen Vorschlag, wenn dieser aufkommensneutral finanziert werde.

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) sagte dagegen dem Tagesspiegel am Sonntag: "Wir brauchen keine weitere Staffelung im Arbeitslosengeld I." Die vorhandenen Instrumente seien ausreichend. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sagte: "Rüttgers' Vorschlag ist zwar populär, aber trotzdem falsch, weil er mehr Alimentierung bedeutet." Nach Informationen der Zeitung "Hamburger Abendblatt Sonntags" will CDU-Chefin Angela Merkel auf dem Parteitag deutlich machen, dass Rüttgers Forderungen in dieser Legislaturperiode nicht mehr Gegenstand der Regierungspolitik werden sollen.

SPD-Chef Kurt Beck sagte mit Blick auf den Rüttgers-Vorstoß: "Die CDU muss sich entscheiden, ob sie wegen einer solchen Frage ihre Glaubwürdigkeit verspielen will." Im "Mannheimer Morgen" forderte er von CDU-Chefin Angela Merkel, den Vorstoß zu stoppen: "Wenn ich in so einer Situation wäre, dass ein Antrag kommt, der meiner Position als Parteivorsitzender zuwider läuft, dann würde ich um meine Position kämpfen." CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla reagierte empört auf die Beck-Äußerungen. "Die CDU verbittet sich Einmischung von Seiten der SPD", erklärte er in Berlin.

Müntefering kritisiert Vorschlag

Müntefering nannte den Rüttgers-Plan in der Zeitung "Die Welt" handwerklich schlecht und unsozial. "Er soll doch mal einem 35-jährigen arbeitslosen Familienvater mit drei Kindern erklären, was daran sozial ist", sagte er. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) nannte die Debatte im Deutschlandfunk schlicht populistisch". Rüttgers sage nicht, wie er seine Pläne finanzieren wolle. Rüttgers hatte vorgeschlagen, die Auszahlung des ALG I nach der Dauer der Einzahlung in die Sozialversicherung zu staffeln.

Rüttgers sagte dagegen, wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt habe, solle auch länger Arbeitslosengeld bekommen. Die geltende Regelung, nach der einheitlich zwölf Monate Arbeitslosengeld I (ALG I) bezahlt werde, "finden die Leute ungerecht und ich finde, die Leute haben Recht", sagte er.

Der Generalsekretär der NRW-CDU, Hendrik Wüst, ging fest von einer Zustimmung des Bundesparteitages zu dem Antrag seines Landesverbandes aus. Die "Heftigkeit der Debatte" und die Zustimmung aus der Bevölkerung werde es unmöglich machen, den Vorstoß "zu den Akten zu legen", sagte Wüst. Nach dem Willen der NRW-CDU soll sich die ALG-I-Bezugsdauer bei 15 Beitragsjahren auf 15 Monate, bei 25 Jahren auf 18 Monate und bei 40 Beitragsjahren auf 24 Monate verlängern. (tso/AFP/ddp)

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