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Politik: ARD / ZDF teilprivatisieren - Privatrundfunk befreien - Expertengremium bläst zum Angriff gegen die öffentlich-rechtlichen Sender

Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte Bundesregierung denkt offenbar über eine komplette Neugestaltung der deutschen Rundfunkordnung nach. Wenige Tage nach dem Bekanntwerden der möglichen Höhe der nächsten Rundfunkgebührenanhebung hat ein vom Bundeswirtschaftsministerium eingesetztes Expertengremium am Donnerstag in Berlin zum Angriff gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgerufen: Der müsse auf Kernaufgaben in (hoch-)kulturellen Bereichen reduziert und die privaten Anbieter von einem dichten Geflecht von Regulierungen befreit werden, heißt es in einem Gutachten unter dem Titel "Offene Medienordnung".

Die von Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte Bundesregierung denkt offenbar über eine komplette Neugestaltung der deutschen Rundfunkordnung nach. Wenige Tage nach dem Bekanntwerden der möglichen Höhe der nächsten Rundfunkgebührenanhebung hat ein vom Bundeswirtschaftsministerium eingesetztes Expertengremium am Donnerstag in Berlin zum Angriff gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgerufen: Der müsse auf Kernaufgaben in (hoch-)kulturellen Bereichen reduziert und die privaten Anbieter von einem dichten Geflecht von Regulierungen befreit werden, heißt es in einem Gutachten unter dem Titel "Offene Medienordnung". Die deutsche Medienordnung sei "von einem tiefen Misstrauen gegen die Leistungen des Wettbewerbs geprägt", meinten die Experten des wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung des Wirtschaftswissenschaftlers Manfred J. M. Neumann (Universität Bonn).

Die Experten greifen damit jene Argumentationskette auf, die Schröder als damaliger Ministerpräsident des Landes Niedersachsen Mitte 1998 auf dem Medienforum Nordrhein-Westfalen entwickelt hatte. Das Motto europäischer Medienpolitik dürfe in Brüssel, Bonn und in den Ländern nicht "Weiter so!" lauten, hatte Schröder unter Hinweis auf die globale Konkurrenz gesagt und für "Optimierungen" plädiert.

Die 34-köpfige Expertenrunde im Wirtschaftsministerium sprach sich vor diesem Hintergrund einstimmig für den rasanten Umbruch aus: Keine Werbung mehr in ARD und ZDF, Privatisierung einer oder mehrerer öffentlich-rechtlicher Anstalten, Zusammenführung von Landesmedienanstalten. Die Wirtschaftswissenschaftler und Juristen - Politologen sind in dem wissenschaftlichen Beirat nicht vertreten - wollen wie bei der Presse auf Wettbewerb setzen und dessen Schutz durch das Kartellrecht erreichen. Das mache den Großteil überkommener Regulierungen überflüssig. Rundfunk verstehen sie ausschließlich als Wirtschaftsgut. Das hieße: Rundfunkunternehmen haben nur mehr einen merkantilen Geschäftszweck - ihre Programme dienten dazu, die Kunden morgens mit dem Radio zu wecken und abends über den Fernsehapparat einzuschläfern. Diesem Rundfunkbegriff mochte sich Bundeswirtschaftsminister Werner Müller nicht anzuschließen. Er erklärte, eine rein ökonomische Betrachtung werde der besonderen Bedeutung des Rundfunks für die Demokratie, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt nicht ausreichend gerecht. Er sprach sich allerdings für eine Anpassung der Medienordnung an neuere Entwicklungen aus, "insbesondere die Struktur der Aufsichtsbehörden" müsse dem Wandel der alten und neuen Medien angepasst werden.

Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation begrüßte das Gutachten in einer ersten Stellungnahme, das ZDF sagte eine eingehende Prüfung zu. Der ARD-Vorsitzende Peter Voß verortete das Papier "jenseits aller medienpolitischen Realität und ordnungspolitischen Vernunft". Einen ähnlichen Widerspruch zu dem Gutachten artikulierte der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, der rheinland-pfälzische Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD): Das duale Rundfunksystem habe sich bewährt.

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