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Politik: Armenier gehen auf Türken zu

Istanbul - Eröffnet das Entsetzen über den Mord an Hrant Dink die Chance für eine Versöhnung von Türken und Armeniern? Der armenische Vizeaußenminister Arman Kirakosian wartete nach einem Beileidsbesuch bei Dinks Familie in Istanbul mit einem überraschenden Angebot auf.

Istanbul - Eröffnet das Entsetzen über den Mord an Hrant Dink die Chance für eine Versöhnung von Türken und Armeniern? Der armenische Vizeaußenminister Arman Kirakosian wartete nach einem Beileidsbesuch bei Dinks Familie in Istanbul mit einem überraschenden Angebot auf. Armenien sei ohne Vorbedingungen zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Türkei bereit, sagte er. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan sagte eine ernsthafte Prüfung des Vorschlags zu. Auch innenpolitisch werden jetzt von ihm Konsequenzen aus dem Mord an Dink gefordert. So schloss sich der mächtige Wirtschaftsverband Tüsiad dem Ruf nach einer Abschaffung des „Türkentum“-Paragrafen 301 an.

Obwohl sie eine 300 Kilometer lange gemeinsame Grenze haben, gibt es zwischen den Nachbarn Türkei und Armenien nicht einmal einen Grenzübergang. Das Verhältnis wird durch den Streit um den türkischen Völkermord an den Armeniern 1915 sowie den Karabachkonflikt belastet, in dem die Türkei auf der Seite Aserbaidschans steht. Die Türkei befürchtet wegen der Ereignisse im Ersten Weltkrieg Gebiets- und Entschädigungsforderungen. Dies macht Kirakosians Zusicherung, Eriwan wolle diplomatische Beziehungen zu Ankara ohne Vorbedingungen, aus türkischer Sicht bedeutsam.

In der Vergangenheit scheiterten alle Schlichtungsversuche. Nach dem Mord an Dink aber habe es eine rege „Begräbnis-Diplomatie“ gegeben, schreibt die Zeitung „Sabah“. Kirakosian habe sich in Istanbul mit dem Kaukasus-Abteilungsleiter des türkischen Außenministeriums getroffen. Demnach bewertete Ankara die armenischen Vorschläge als „vorsichtig positiv“. Auf Kirakosians Initiative angesprochen, versprach der Premier eine rasche Reaktion seiner Regierung.

In einer Rede wandte Erdogan sich gegen einen „rassistischen Nationalismus“ in der Türkei. Damit spielte er auf den Chef der rechtsgerichteten Partei MHP, Develt Bahceli, an, der den Teilnehmern der Trauerkundgebung für Dink einen „Kreuzzug“ gegen türkische Nationalisten vorgeworfen hatte. Nach der Bombendrohung einer rechtsextremen Terrorgruppe auf Dinks Zeitung „Agos“ erhielt das Redaktionsgebäude in Istanbul Polizeischutz.

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