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Politik: Asyldebatte: Grauzone: Verfolgung ohne Staat

Politische Verfolgung heißt in der deutschen Asylpraxis immer: Verfolgung durch den Staat. Das steht zwar so nicht im Grundgesetz.

Politische Verfolgung heißt in der deutschen Asylpraxis immer: Verfolgung durch den Staat. Das steht zwar so nicht im Grundgesetz. Die Behörden können sich jedoch auf die Rechtsprechung der höchsten Gerichte berufen. Die Justiz hat dabei vor allem den NS-Terror im Gedächtnis. Im Ausland und bei Flüchtlingsorganisationen stößt diese Einschränkung auf Widerspruch. So kritisiert beispielsweise das UN-Flüchtlingshilfswerk, das deutsche Asyl erfasse kaum Verfolgung und Massenfluchten infolge von Bürgerkriegen oder Konflikten in sich auflösenden Staaten.

Politisch verfolgt werden auch Menschen, die der Staat nicht vor politischem Terror schützen kann. Nach Angaben von Pro Asyl ist das etwa in Algerien der Fall. Bernd Mesovic, rechtspolitischer Referent der Organisation, erwartet gleichwohl "keine signifikanten Steigerungen" der Asylanträge, sollte nichtstaatliche Verfolgung als Asylgrund anerkannt werden. Schon jetzt sei sie häufig ein Abschiebungshindernis und würde de facto zu einem Bleiberecht führen. Mit ihrem Vorschlag wolle die Zuwanderungskommission "offenbar eine Grauzone beseitigen", sagt Mesovic.

Der Süssmuth-Vorschlag hätte noch andere Folgen. Asyl zu gewähren, wäre wieder stärker eine Frage des individuellen Falles. Starre Listen mit "sicheren Herkunftsländern" widersprechen dieser Tendenz. Und diese Erkenntnis könnte nicht nur Verwaltungsvorschriften oder Korrekturen im Ausländergesetz erfordern - sondern womöglich auch einen neuen Asylartikel in der Verfassung.

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