zum Hauptinhalt

Politik: „Atomausstieg ist mit der SPD nicht verhandelbar“

Auch IG Metall kritisiert Papier von Gewerkschaften und Energiekonzernen / BDI für Verlängerung der Laufzeiten

Berlin - Fünf Jahre ist es erst her, seit die rot-grüne Bundesregierung mit den Energiekonzernen den Atomausstieg endgültig besiegelte. Danach sollte das letzte Atomkraftwerk etwa im Jahr 2020 vom Netz gehen. Nun haben die Neuwahlen und die derzeitigen hohen Energiepreise zu einer neuen Debatte um Laufzeitverlängerungen geführt.

In der SPD ist das gemeinsame Papier der IG Bergbau-Chemie-Energie und Verdi mit den vier großen Energiekonzernen allerdings auf wenig Gegenliebe gestoßen. Aus Kreisen der Verhandlungskommissionen von Union und SPD hat der Tagesspiegel erfahren, dass die SPD nicht vorhat, der Forderung nach einer Verlängerung der Laufzeiten für die Atomkraftwerke nachzukommen. In der SPD wird im Gegenteil darauf verwiesen, dass der Atomausstieg keineswegs nur ein grünes Projekt gewesen sei. Immerhin habe die SPD schon 1985, also vor der Katastrophe in Tschernobyl, auf dem Nürnberger Parteitag die Abkehr von der Atomkraft beschlossen. Nachdem sich am Dienstag in der Verhandlungsgruppe kein Kompromiss in der Frage abzeichnete, wurde die Atomfrage um eine Woche vertagt.

Der künftige Umweltminister Sigmar Gabriel hat nach Darstellung des stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Michael Müller in den Verhandlungen mit der Union eine Abkehr vom Atomausstieg sogar ausgeschlossen. „Diese Weichenstellung rückgängig zu machen, ist für die SPD nicht verhandelbar. Dies hat Sigmar Gabriel in den Koalitionsverhandlungen deutlich gemacht“, sagte Müller in Berlin. Auch die SPD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Ute Vogt, sagte in Stuttgart: „Es gibt keinen Grund, den beschlossenen Atomausstieg in Frage zu stellen.“

Auch im Gewerkschaftslager gab es Kritik. Wolfgang Rhode, IG-Metall-Vorstandsmitglied, forderte die künftigen Koalitionäre auf, „den mühsam erarbeiteten gesellschaftlichen Konsens für einen Energiemix der Zukunft“ nicht gleich wieder zu verlassen.

Dagegen fordert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) von der neuen Regierung ein Umdenken beim Atom-Ausstieg. Da eine klimafreundliche und günstige Stromversorgung in Deutschland ohne die Kernenergie „auf absehbare Zeit“ nicht in Sicht sei, würden längere Laufzeiten nötig, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Carsten Kreklau am Mittwoch in Berlin. Die Beschränkung der Stromerzeugung bewirke, dass die deutsche Volkswirtschaft für den Bau und Betrieb alternativer Kraftwerke Mittel aufbringen müsse, die sonst für Investitionen oder Konsum zur Verfügung stünden. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom BDI in Auftrag gegebene Studie. Eine Verlängerung der Laufzeiten von durchschnittlich 32 Jahren auf 40 oder 60 Jahre würde die Stromerzeugung billiger machen. So könnten bei 40-jähriger Laufzeit die Strompreise im Jahr 2020 um bis zu elf Prozent niedriger, bei 60 Jahren im Jahr 2030 sogar um 24 Prozent niedriger sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false