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Politik: Atomkonsens vor Gericht

Nach einer neu bekannt gewordenen Regelwidrigkeit im Atomkraftwerk Philippsburg werden alle Anlagen in Baden-Württemberg überprüft. Die Stuttgarter Landesregierung will wissen, ob auch in anderen Kernkraftwerken die Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten worden sind.

Nach einer neu bekannt gewordenen Regelwidrigkeit im Atomkraftwerk Philippsburg werden alle Anlagen in Baden-Württemberg überprüft. Die Stuttgarter Landesregierung will wissen, ob auch in anderen Kernkraftwerken die Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten worden sind. Immerhin 16 Jahre lang wurden im Atomkraftwerk Philippsburg II Vorschriften des Betriebshandbuchs zum nichtnuklearen Hochfahren des Reaktors missachtet. Trotz automatischer Anzeigen wurde hingenommen, dass der Sollfüllstand in den vier Flutbehältern des Notkühlsystems kurzzeitig nicht erreicht war. Nur beim ersten Anfahren des Atomkraftwerks 1984 wurde regelgerecht verfahren.

Das gab der Betreiber Energie Baden-Wüttemberg (EnBW) am Dienstag zu. Das Unternehmen begann mit eigenen Prüfungen, nachdem es den Druckwasserreaktor vor zwei Wochen nach Bekanntwerden des laschen Sicherheitsmanagments vom Netz nehmen musste. Nach der vorläufigen Bewertung wird dieses Ereignis als sofort meldepflichtig nach der Ines-Stufe zwei eingestuft. Die baden-württembergische Landesregierung hat aus der neuen Fehlermeldung gestern Konsequenzen gezogen: Die korrekte Einhaltung eines sicheren Betriebs wird jetzt nicht nur für die beiden Atommeiler in Philippsburg, sondern auch für die beiden Blöcke des Gemeinschaftskernkraftwerks Neckarwestheim (GKN I und II) und das Kernkraftwerk Obrigheim durch drei unabhängige Sachverständige überprüft. Außerdem soll diese "Task-Force" die Landesregierung beraten, ob das bisherige Verhältnis von Eigen- und Fremdkontrolle verändert werden muss. Ministerpräsident Erwin Teufel sprach von einem "außerordentlich ernsten Vorgang", der eine "lückenlose Aufklärung" erfordere. Umweltminister Ulrich Müller, der am Montagabend von EnBW informiert worden war, sagte, es habe sich "um eine bewusste Verletzung der Regeln des Betriebshandbuchs" gehandelt. Der EnBW-Vorstandsvorsitzende Gerhard Goll erkärte vor der Presse, es handele sich um einen "gravierenden Vorgang". Offensichtlich habe sich eine "Übung in der Anlage eingeschlichen, die nicht den Vorschriften entsprach."

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