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Politik: Auch der Ladendieb soll zum Gentest vorgeführt werden Bundesregierung bereitet Ausweitung der DNA-Tests bei Straftätern vor / Grüne skeptisch

Berlin – Die Bundesregierung bereitet eine Ausweitung von DNA-Tests bei Straftätern vor. In einem internen Arbeitsentwurf, den die Fraktionen von SPD und Grünen derzeit beraten, schlägt Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, die Schwelle für die Abnahme eines genetischen Fingerabdrucks erheblich zu senken.

Berlin – Die Bundesregierung bereitet eine Ausweitung von DNA-Tests bei Straftätern vor. In einem internen Arbeitsentwurf, den die Fraktionen von SPD und Grünen derzeit beraten, schlägt Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vor, die Schwelle für die Abnahme eines genetischen Fingerabdrucks erheblich zu senken. Auch Ladendiebe könnten künftig nach den ministeriellen Plänen theoretisch genetisch erfasst werden. Allerdings geht die Ministerin nicht so weit wie Unions-regierte Länder unter der Führung Bayerns. Diese hatten nach dem Mord an dem Modemacher Rudolph Moshammer gefordert, den DNA-Test bei jeder Straftat einzusetzen. Ein entsprechender Antrag liegt dem Bundesrat vor. Bei der SPD war das Vorhaben bisher umstritten, ebenso beim grünen Koalitionspartner.

Zypries Entwurf sieht jetzt vor, dass künftig sowohl bei Straftaten von erheblicher Bedeutung und Sexualstraftaten als auch bei jeglicher Wiederholungstat ein genetischer Fingerabdruck genommen werden darf. Diese Ausdehnung der DNA-Probe auf jede Straftat, auch Bagatelldelikte, steht allerdings unter einem Vorbehalt: Sie gilt nur, wenn zu erwarten ist, dass ein Delinquent künftig Straftaten von „nicht nur geringfügiger Bedeutung“ begehen könnte. Außerdem will Zypries den so genannten Richtervorbehalt einschränken. Bisher muss ein Gentest richterlich angeordnet werden. Künftig würde nach den jetzt vorliegenden Plänen etwa bei anonymen Tatortspuren der Vorbehalt ebenso wegfallen wie in dem Fall, dass ein Verdächtiger einer DNA-Probe zustimmt.

Schon direkt nach dem Fall Moshammer hatten Innenminister Otto Schily und Kanzler Gerhard Schröder (beide SPD) intern die Ausweitung der DNATests gefordert. In der SPD-Fraktion gab es allerdings auch Widerspruch. Und die Fraktion der Grünen hat jetzt bereits Änderungsbedarf am Zypries-Entwurf angemeldet. Die Grünen plädieren dafür, nur bei „gehäufter Begehung von Taten mittlerer Qualität“ eine DNA-Probe anzusetzen. Und auch nur dann, wenn ein Täter Vorstrafen in einer bestimmten Höhe erhalten hat, wie etwa eine Freiheitsstrafe. Außerdem soll die Prognose künftig eine erhebliche Straftat erwarten lassen, statt – wie Zypries vorschlägt – eine „nicht unerhebliche“. Die Grünen wollen damit den als Beispiel zitierten Ladendieb von DNA-Proben ausnehmen.

Sollte es zu einer Einigung zwischen den Koalitionsfraktionen kommen, wird der Gesetzentwurf wohl nicht von Zypries, sondern von den Fraktionen eingebracht. Nach koalitionsinternen Einschätzungen ist der Widerstand bei den Grünen wegen der Visa-Affäre in sicherheitsrelevanten Fragen derzeit nicht groß.

Getrieben wird die Koalition von den Unionsländern. Schon am Freitag dieser Woche wird deren Antrag im Bundesrat debattiert. Darin wird die DNA-Probe der herkömmlichen erkennungsdienstlichen Behandlung durch die Polizei gleichgesetzt. Sowohl der Richtervorbehalt als auch die Einschränkung auf bestimmte Straftaten entfällt. Voraussetzung für einen Gentest wäre die Prognose, dass gegen einen Beschuldigten „künftig Strafverfahren zu führen sind“.

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