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Alexander Mitsch, ehemaliger Bundesvorsitzender der Werte-Union

© Christoph Schmidt/dpa

Update

Auflösungserscheinungen wegen Bundeschef Otte: Ex-Vorsitzender Alexander Mitsch verlässt die Werte-Union

Nach der Wahl Max Ottes zum Bundeschef droht der Werte-Union die Zerreißprobe. Viele CDU-Mitglieder verlassen sie, Friedrich Merz ruft weitere zum Austritt auf.

Der frühere Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, hat die Gruppe besonders konservativer CDU-Mitglieder verlassen. Grund sei das Gebaren des neuen Chefs der Werte-Union, Max Otte.

„Die Rundumschläge von Herrn Otte haben dazu geführt, dass ich meinen Austritt erklärt habe“, sagte Mitsch am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Herr Otte ist nicht in der Lage, den Ursprungsgedanken der Werte-Union weiterzuführen.“ Die Werte-Union sei immer als starke Gruppierung innerhalb der Union gedacht gewesen, die sich vom rechten und linken Rand absetze.

Der Heidelberger Mitsch war einer der Gründungsväter der Werte-Union und hatte sie vier Jahre als Vorsitzender geführt. Er kann sich vorstellen, dass er sich einer neuen Plattform anschließt, in der sich ausgetretene Mitglieder der Werte-Union zusammenfinden könnten. „Das kann durchaus eine Möglichkeit sein.“ Der Gründungsgedanke, die Union von ihrem Linkskurs abzubringen, sei weiter richtig.

Mitsch attackierte seinen Nachfolger für dessen Aussagen über den CDU-Wirtschaftsexperten Friedrich Merz. Otte hatte am Wochenende gesagt, Merz sei durch seine frühere Lobbytätigkeit belastet und sollte „kein Staatsamt übernehmen, auch wenn die Lobbytätigkeit ruht“. Mitsch entgegnete, das sei „schlichtweg inakzeptabel“. Klar sei: „Otte spricht hier keine Mehrheitsmeinung der Werte-Union aus.“ Die Werte-Union hatte sich unter Mitschs' Führung dafür engagiert, dass Merz Kanzlerkandidat der Union wird.

Zuvor hatte Merz die CDU-Mitglieder zum Austritt aus der ultrakonservativen Werte-Union aufgerufen. „Ich fordere alle CDU-Mitglieder dazu auf, die sogenannte Werte-Union zu verlassen und die Zukunft gemeinsam in der CDU zu gestalten“, sagte Merz, der zum Wahlkampfteam des CDU-Vorsitzenden Armin Laschet gehört. Der Ex-Unionsfraktionschef attackierte Max Otte scharf.

Friedrich Merz ruft CDU-Mitglieder dazu auf, wegen Max Otte aus der Werte-Union auszutreten.
Friedrich Merz ruft CDU-Mitglieder dazu auf, wegen Max Otte aus der Werte-Union auszutreten.

© Michael Kappeler/dpa

Otte „kennt offenbar den Unterschied zwischen Lobby und beruflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt und Aufsichtsrat nicht“, sagte Merz. Otte hatte am Wochenende gesagt, Merz sei durch seine frühere Lobbytätigkeit belastet und sollte „kein Staatsamt übernehmen, auch wenn die Lobbytätigkeit ruht“.

Merz war früher Aufsichtsratschef für Deutschland des US-Vermögensverwalters Blackrock. Das Mandat endete zum 31. März 2020 - es ruht also nicht nur. Merz sagte: „Die unqualifizierten Rundumschläge von Herrn Otte sollten den Mitgliedern dieser selbst ernannten Werte-Union zu denken geben.“

Die Werte-Union zeigt seit der umstrittenen Wahl Ottes zum neuen Bundeschef immer stärkere Auflösungserscheinungen. Vor Mitsch waren bereits die Landesvorständen in Hessen und Rheinland-Pfalz sowie ein Großteil des Landesverbands von Baden-Württemberg ausgetreten.

Die bayerische Werte-Union verließ nach Angaben ihrer Vorsitzenden den Bundesverband und gründete eine neue Plattform unter dem Namen „Konservativer Aufbruch für Werte und Freiheit“. Auch der bisherige Landesvorstand im Südwesten plant, ein neues Netzwerk zu gründen.

Der neue Chef der Werteunion Max Otte polarisiert.
Der neue Chef der Werteunion Max Otte polarisiert.

© dpa/Karlheinz Schindler

Die Verbände werfen Otte vor, die Werte-Union nach rechts rücken und zur AfD hin öffnen zu wollen. Der 56-jährige Otte reagierte gelassen und geht davon aus, dass die Werte-Union gestärkt aus diesem Prozess hervorgehen wird.

Der Ökonom sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ich möchte das richtigstellen: Weder der Landesverband in Bayern noch der in Baden-Württemberg ist ausgetreten. Es sind Vorstände und Funktionäre ausgetreten.“ Es handele sich um „Hinterzimmerpolitiker, die meine Wahl nicht anerkennen wollen. Das sind verletzte Eitelkeiten.“

Rechtlich gesehen gehörten die Mitglieder zum Bundesverband und nicht zu den Landesverbänden. Otte sagte, Ein- und Austritte hielten sich die Waage, die Mitgliederzahl liege bei über 4000. Die Werte-Union sieht sich als Vertretung der konservativen Strömung in der Union, ist aber keine offizielle Parteigliederung. Die CDU hat insgesamt rund 400 000 Mitglieder, rund 140 000 sind es bei der CSU.

Otte war Ende Mai im Amt des Vorsitzenden der Werte-Union auf den Heidelberger Alexander Mitsch gefolgt, der vorher seinen Rückzug angekündigt hatte. Innerhalb der Werte-Union löste die knappe Wahl Ottes zum neuen Vorsitzenden großen Streit aus, die bayerische Landesvorsitzende Juliane Ried war seine Gegenkandidatin gewesen.

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Ried hielt Otte vor: „Er will nicht einsehen, dass er die Werte-Union gespalten hat.“ Nach den Worten des baden-württembergischen Vize-Chefs Oliver Kämpf löst sich die Werte-Union langsam auf. „Die Werte-Union ist wie ein totes Pferd, von dem man absteigen muss.“

In Baden-Württemberg kündigten elf von zwölf Vorstandsmitgliedern dem Bundesvorstand ihren Rückzug zum kommenden Freitag an. In dem Schreiben heißt es, es gebe eine „Annäherung an völkische und nationalistische Themen“.

Otte widersprach: „Das ist unterste Schublade. Ich weise das entschieden zurück und lasse rechtliche Schritte dagegen prüfen.“ Er betonte: „Ich stehe loyal zur CDU, ich habe nie an einen Austritt gedacht.“ Der Ökonom lobte den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet, dieser stehe „für einen rheinischen Kapitalismus, die soziale Marktwirtschaft“.

Otte kündigte 2017 an, die AfD zu wählen

Otte hatte 2017 in einem Interview angekündigt, er wolle bei der Bundestagswahl die AfD wählen - auch wegen des Kurses von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Fondsmanager war bis Januar 2021 Kuratoriumsvorsitzender der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung gewesen.

Nun sagte er mit Blick auf die Bundestagswahl: „Es ist nicht Aufgabe der Werte-Union, Wahlkampf für die CDU zu machen.“ Otte erklärte, er sehe „das Ausmaß der Corona-Auflagen sehr, sehr kritisch.“ Er habe früher auf Querdenker-Demos gesprochen. „Jetzt als Vorsitzender würde ich das nicht mehr tun.“

Der frühere Vize-Chef der Werte-Union und Landesvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Ingo Gondro, sagte der dpa: „Der derzeitige Zustand der Werte-Union beschämt mich sehr.“ Ihn störe vor allem die Nähe zu den sogenannten Querdenkern und Corona-Leugnern. „Wenn ich feststelle, dass sich das weiter in die Richtung entwickelt, werde ich auch austreten.“

Die Führungsspitze der CDU um Parteichef Armin Laschet kommt an diesem Montag in Berlin zu ihren letzten offiziellen Beratungen vor der Sommerpause zusammen. Zunächst tagt das kleinere Parteipräsidium in hybrider Form, später wird der größere Vorstand hinzugeschaltet. Die Vorgänge in der Werte-Union dürften wenn überhaupt nur am Rande eine Rolle spielen. Es wurde erwartet, dass sich die Parteigremien unter anderem mit dem bevorstehenden Wahlkampf zur Bundestagswahl im September beschäftigen werden. (dpa)

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