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Aufstellungen für die Bundestagswahl: Bei den Berliner Grünen wächst die Unruhe
Wegen des neuen Wahlrechts und der schwachen Umfragen drohen den Berliner Grünen Mandatsverluste. Doch viele Abgeordnete wollen wieder in den Bundestag.
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Eigentlich ist bis zur Entscheidung noch viel Zeit, doch bei den Berliner Grünen wächst in diesen Tagen die Unruhe. Ein gutes Jahr vor der Bundestagswahl beginnt im Landesverband das große Pokerspiel um sichere Listenplätze und aussichtsreiche Wahlkreise.
Denn 2025 könnte es deutlich enger werden für die Grünen als 2021 als die Partei sieben Abgeordnete aus der Hauptstadt in den Bundestag schicken konnte. Schon nach der Wiederholungswahl musste mit Nina Stahr eine Berliner Grüne das Parlament verlassen, nun drohen wegen des neuen Wahlrechts und der schwachen Umfragen weitere Verluste.
Der Druck ist hoch, denn bei der Aufstellung der Listen müssen bei den Grünen immer auch Geschlechter- und Flügelproporze bedacht werden. Zudem wollen die mächtigen Kreisverbände, die in Berlin vor allem innerhalb des S-Bahn-Rings liegen, bedacht werden. Ein großes Puzzle.
Auf Platz 1 scheint Familienministerin Lisa Paus gesetzt
Ein Stück Klarheit herrscht seit Montagabend immerhin: Mit Ex-Landwirtschaftsministerin Renate Künast wird sich eine der profiliertesten Berliner Grünen 2025 nicht mehr um ein Mandat bemühen. „Es ist Zeit, um Platz für Jüngere zu machen“, schrieb sie in einem Brief an ihren Kreisverband in Tempelhof-Schöneberg.
Künasts Entscheidung sorgt für ein wenig Entspannung bei der Zusammenstellung der Landesliste, die formal erst auf einem Parteitag im März beschlossen werden soll. Auf Platz 1 wird dabei voraussichtlich Familienministerin Lisa Paus aus dem Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf konkurrenzlos gesetzt sein.
Doch schon dahinter, auf dem ersten Platz, der offen für männliche Bewerber ist, könnte gekämpft werden. Bei der letzten Wahl hatte sich der Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar den zweiten Platz gesichert. Dessen erneute Kandidatur wird erwartet, doch er bekommt wohl Konkurrenz.
Mit Andreas Audretsch hat sich ein weiterer Berliner Grüner in den Vordergrund gespielt. In seiner ersten Legislaturperiode wurde er gleich stellvertretender Fraktionsvorsitzender und ist zudem sehr präsent in den Medien.

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Da Audretsch – anders als Gelbhaar in Pankow – in Neukölln beim letzten Mal das Direktmandat verpasste, braucht er einen guten Listenplatz, um sicher wieder im Bundestag vertreten zu sein. Doch nicht alle in der Partei wollen das, denn mit Paus und Audretsch wären dann zwei Kandidaten vom Linken-Flügel auf den Plätzen 1 und 2.
Auch über Platz 3, den bislang Renate Künast innehatte, wird spekuliert. Denkbar wäre, dass die Reala Nina Stahr ihren Hut wieder in den Ring wirft. Als Familien- und Bildungsexpertin hat sie sich im Bundestag bis zu ihrem Ausscheiden einen Namen gemacht.
Es gibt noch viel zu tun, und ich möchte auch im nächsten Bundestag meinen Beitrag dazu leisten.
Grünen-Politikerin Hanna Steinmüller will erneut in den Bundestag.
Stahr führt seit Dezember 2023, als die Berliner Grünen in einem Flügel-Streit versanken, den Landesverband und konnte die Partei wieder zur Ruhe bringen. Sie selbst hält sich daher auf Anfrage bedeckt: „Unser Landesverband kommt gerade aus einer herausfordernden Zeit und zwei Wahlkämpfen“, sagt sie dem Tagesspiegel.
Als Landesvorsitzende arbeite sie am Programmprozess für die Berlin-Wahl 2026. „Spekulationen über die Listenaufstellung, die erst im März 2025 ansteht, sind völlig verfrüht“, sagt Stahr. Die Menschen würden andere Themen beschäftigen, etwa hohe Mieten. „Insofern werde ich dazu mit meiner Partei ins Gespräch gehen, wenn es so weit ist“, sagte Stahr.
In Friedrichshain-Kreuzberg steht ein Wechsel bevor
Deutlich weiter ist da schon Hanna Steinmüller, die im Bundestag vor allem zu den Themen Wohnen und Mieten arbeitet. Die Reala will in Mitte wieder das Direktmandat gewinnen: „Es gibt noch viel zu tun, und ich möchte auch im nächsten Bundestag meinen Beitrag dazu leisten“, sagt Steinmüller.
In einem für die Grünen prestigeträchtigen Wahlkreis zeichnet sich dagegen ein Wechsel ab. Nach Tagesspiegel-Informationen will die Bundestagsabgeordnete Canan Bayram 2025 nicht mehr in Friedrichshain-Kreuzberg als Direktkandidatin antreten.
Der traditionell linke Wahlkreis ist seit Hans-Christian Ströbele fest in der Hand der Grünen und ging bei den vergangenen sechs Bundestagswahlen immer an die Partei. Eine Nachfolgerin für Bayram steht offenbar auch schon bereit. Mehrere Berliner Grüne bestätigten dem Tagesspiegel, dass Katrin Schmidberger Interesse für den Wahlkreis angemeldet habe.
Die gut vernetzte Parteilinke sitzt seit 2011 im Abgeordnetenhaus und ist dort Sprecherin für Wohnen und Mieten. Bayram und Schmidberger wollten sich auf Anfrage nicht äußern, doch im Kreisverband rechnet man spätestens im Herbst mit einer Entscheidung.
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