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Politik: Aufwärmphase in Thüringen

Die SPD wählt Landeschef Matschie zum Spitzenkandidaten – der erwähnt den Kontrahenten Althaus nur am Rande

Lässig die Hand in der linken Hosentasche, mit etwas heiserer Stimme redet Christoph Matschie. Immer wieder variiert der Thüringer SPD-Chef die eine Botschaft, die er den Gesandten der Basis auf dem Landesparteitag in Gera geradezu eintrichtern möchte: Die SPD habe alle Chancen für die Landtagswahl am 30. August, die Entscheidung sei offen, die CDU-Regierung müsse abgelöst werden.

„Thüringen braucht endlich eine tatkräftige Regierung und nicht das letzte Aufgebot einer Partei im Abstiegskampf“, ruft er in den Saal. Am Ende klatschen sich die meisten der rund 200 Delegierten eine Minute warm für den Wahlkampf. Nur in diesem Moment ist so etwas wie Aufbruchsstimmung da.

Seine Rede, die er wie alle derart wichtigen Wortmeldungen selbst geschrieben hat, kommt beim eigenen Anhang gut an. Etwa seine Forderungen nach Mindestlohn, nach Vermögens- und Börsenumsatzsteuer. Oder seine Versprechen für Thüringen, 2000 Stellen zusätzlich in den Kindergärten zu schaffen und keine Studiengebühren einzuführen. Doch kommt der 47-jährige studierte Theologe aus Jena auch beim Wähler an?

In den Umfragen liegt die Thüringer SPD deutlich unter 20 Prozent und damit weit entfernt vom Ziel, stärkste Fraktion zu werden. 2004 sorgte Matschie als Spitzenkandidat mit 14,5 Prozent für den bisherigen Tiefpunkt. Bei der Landtagswahl am 30. August muss mindestens eine Regierungsbeteiligung drin sein, heißt es in sozialdemokratischen Kreisen. Das ginge beispielsweise als Juniorpartner der bisher allein regierenden Thüringer CDU. Jener CDU, die derzeit selbst in größten Schwierigkeiten steckt. Zu deren Ministerpräsidenten Dieter Althaus sagt Matschie wenig. Dessen Skiunfall, versichert er, werde er nicht zum Wahlkampfthema machen. Die Politik der CDU dagegen schon.

Koalitionspartner könnte auch die Linke werden, die in den Umfragen bei etwa 30 Prozent liegt. Allerdings hat Matschie ausgeschlossen, ihr Juniorpartner zu werden. Bei einer Urabstimmung in seiner Partei vor einem Jahr ließ er sich diesen Kurs bestätigen. Es ist unklar, wie groß der Vorrat an Gemeinsamkeiten der beiden Oppositionsfraktionen ist. Am meisten eint sie der Wunsch, die Althaus-CDU abzulösen. Übereinstimmung gibt es bei sozialen Projekten oder der Bildungspolitik, auch wenn der Teufel im Detail steckt.

Und es gibt tief sitzende mentale Unterschiede. In seiner Rede geht Matschie auf den Linken-Spitzenkandidaten Bodo Ramelow los, der jüngst die DDR nicht „Unrechtsstaat“ nennen wollte. „Offenbar war es ihm wichtiger, eine Verbeugung vor den Altkadern in der Linkspartei zu machen als eine Verbeugung vor den Opfern des SED-Regimes“, ruft Matschie. Dafür gibt es viel Beifall. Das ist auch ein innerparteiliches Bekenntnis: Nach vielen Querschlägen in der Frage eines Bündnisses mit der Linkspartei steht jetzt eine klare Mehrheit in der SPD hinter ihrem Partei- und Fraktionschef. Mit 77 Prozent wird er zum Spitzenkandidaten gewählt. Nicht berauschend, aber ein Abbild der Mehrheitsverhältnisse bei der Thüringer SPD. „Das ist ein Ergebnis, mit dem ich gut leben kann“, sagt Matschie.

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