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Politik: Aus zwei mach eins

Im Bundesinnenministerium gibt es Hinweise, dass Friedrich die Fusion von Sicherheitsbehörden plant.

Berlin - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) plant möglicherweise einen weitreichenden Umbau der deutschen Sicherheitsbehörden und Stelleneinsparungen bei der Bundespolizei. Dabei soll, so heißt es in Ministeriumskreisen, auch die Zusammenlegung von Teilen des Bundeskriminalamtes (BKA) mit der Bundespolizei zu einer großen Bundespolizeibehörde geprüft werden. Ähnliche Pläne hatte es bereits 2010 gegeben, nachdem eine Kommission unter Vorsitz des früheren Chefs des Bundesamtes Verfassungsschutz, Eckart Werthebach (CDU), die Fusion empfohlen hatte. Die Pläne waren unter anderem am Widerstand aus den Reihen der Bundespolizei und des BKA gescheitert.

Vor diesem Hintergrund besetze Friedrich derzeit systematisch die Führungspositionen bei allen Sicherheitsbehörden neu, hieß es sowohl aus den Reihen der Bundespolizei als auch aus dem Innenministerium. Auch die bundesweit einmalige Komplettablösung der Spitze der Bundespolizei wird vor diesem Hintergrund gesehen. Friedrich hatte, wie berichtet, am Montag den Rauswurf des bisherigen Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam, Matthias Seeger, und dessen beiden Stellvertreter bekannt gegeben. Von allen dreien sei bekannt gewesen, dass sie einer Fusion mit dem BKA kritisch gegenüber stünden, so ein hochrangiger Ministeriumsbeamter. Nachfolger Seegers soll Dieter Romann werden. Roman war bisher Referatsleiter im Innenministerium. „Roman wird vom Gefreiten zum General – statt wie bisher Personalverantwortung für zehn bis 20 Leute zu tragen, hat er es künftig mit 40 000 Polizisten zu tun“, sagte ein ranghoher Sicherheitsexperte. Nun stehe kein Polizist an der Spitze der Behörde, sondern ein Jurist.

Seeger selbst hatte sich offenbar noch am Montag vor der Personalvertretung der Bundespolizei empört darüber geäußert, dass ihm und seinen beiden Stellvertretern jede Begründung für die Demission verweigert worden sei. Seeger selbst habe Friedrich in einem zehnminütigen Gespräch nach den Gründen gefragt und keine Antwort erhalten. Seinen beiden Stellvertretern sei es bei ihren Einzelgesprächen bei Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche ähnlich ergangen. Auch ihnen sei die Mitteilung von Gründen für die Versetzung verweigert worden. Seeger habe außerdem deutlich gemacht, dass er die geplante Schaffung einer Super-Polizeibehörde hinter seiner Entlassung vermutet.

Beim BKA müsse der Minister selbst gar nicht ähnlich brutal tätig werden wie bei der Bundespolizei, sagte ein Experte: „Das erledigt sich im Jahr 2013 von selbst, denn dann geht BKA-Chef Jörg Ziercke in den Ruhestand, somit ist der Weg frei, und Friedrich hat seine loyalen Leute überall positioniert.“ So könne eine Fusion von Sicherheitsbehörden nicht mehr an der massiven und öffentlichen Kritik von Spitzenbeamten aus den Behörden scheitern. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass Teile des Zolls in der neuen Superbehörde aufgehen.

Friedrich war unter anderem wegen der Art und Weise der Ablösung der kompletten Bundespolizeispitze in die Kritik geraten. Er habe Seeger und dessen beide Stellvertreter unter einem Vorwand von Potsdam nach Berlin ins Ministerium geladen, heißt es: Sie sollten sich dort einfinden, um eine Strukturfrage bei der Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei zu besprechen. Aus den Medien hätten dann die drei Spitzenbeamten von ihrer bevorstehenden Entlassung erfahren.

Wegen der Entlassungsaktion beantragt die SPD eine Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses. „Innenminister Hans-Peter Friedrich muss im Ausschuss Rede und Antwort stehen“, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Dienstag. Dort müsse auch Matthias Seeger Gelegenheit erhalten, seine Position darzustellen. Die Entlassung Seegers und seiner beiden Stellvertreter nannte Steinmeier einen „beispiellosen Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik“. Noch nie sei die gesamte Führung einer Sicherheitsbehörde ausgetauscht worden, dazu noch ohne Angabe von Gründen.

Friedrich ernennt am Mittwoch in Potsdam die Nachfolger für Seeger und seine beiden Vizes. Seine Ernennungsurkunde soll auch der der neue Präsident des Verfassungsschutzes erhalten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird künftig Hans-Georg Maaßen leiten – auch er bisher Spitzenbeamter im Bundesinnenministerium. Peter Tiede (mit dpa)

Peter Tiede (mit dpa)

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