Ausbruchswelle in Berlin: Schwarzfahrer gehören nicht in Gefängnisse
Auch von Richtern und Staatsanwälten kommen neue Töne: Beförderungserschleichung könnte entkriminalisiert werden. Höchste Zeit - ein Kommentar.
Welche Folgen die kleine Ausbrecherwelle hat, die zum Jahreswechsel aus den Gefängnissen schwappte, ist unklar. Vermutlich kaum welche. Dafür erfährt eine teils erstaunte Öffentlichkeit, dass in der JVA Plötzensee viele Kriminelle einsitzen, die sich solch schwerer Delikte wie Schwarzfahren im hauptstädtischen Nahverkehr schuldig gemacht haben. Offenbar hat das sogar den konservativen Deutschen Richterbund veranlasst, neue Töne anzuschlagen; er spricht davon, den Tatbestand zu streichen.
Mit Recht: Dass „Beförderungserschleichung“ in offenen und weitgehend unkontrollierten Transportsystemen als kriminelles Unrecht gilt, ist kaum zu rechtfertigen. Schwarzfahren könnte als Ordnungswidrigkeit geahndet oder ganz den Verkehrsbetrieben überlassen werden. Bislang ist es andersherum: Die Verkehrsbetriebe bürden der Justiz die Fälle auf.
Die Berliner S-Bahn hat die Zahl ihrer Strafanträge zuletzt rekordverdächtig gesteigert. Richter und Staatsanwälte wollen mit guten Gründen nicht mehr länger den Ausputzer spielen. Dass Menschen sich wegen solcher Kinkerlitzchen hinter Gittern wiederfinden, ist eines Rechtstaats ohnehin unwürdig
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