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Bleibt die Regelung zur Abgeltungssteuer?

© Kai-Uwe Heinrich

Steuerpolitik: Auslaufmodell Abgeltungssteuer?

Nach der Bundestagswahl könnte die pauschale Besteuerung von Kapitaleinkommen gekippt werden.

Der Satz klingt bis heute nach: „Besser 25 Prozent auf x als 42 Prozent auf nix.“ So hatte der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor etwa zehn Jahren die Einführung der Abgeltungssteuer begründet, die dann 2009 kam. Seither werden Einkünfte aus Zinsen und Dividenden sowie Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren pauschal mit einem Steuersatz von 25 Prozent (plus Soli und Kirchensteuer) belastet. Die Hauptbegründung lautete, man wolle es möglichst vielen der Heimat entfleuchten Steuerbürgern einfacher machen, ihre Auslandskonten zu leeren und ihr Geld wieder gesetzestreu, aber günstiger als vorher in Deutschland zu versteuern.

Vorher wurden Erträge aus Kapital wie normale Einkommen aus Arbeit besteuert, also mit dem individuellen Steuersatz, der mit dem Einkommen stiegt. Er liegt bei Mittelverdienern etwa bei 25 Prozent, bei Betuchten dagegen steigt er leicht auf 35 Prozent oder auch darüber (42 Prozent beträgt der Spitzensteuersatz). Die Abgeltungsteuer war somit als eine Steuererleichterung konzipiert, die dazu dienen sollte, mehr Geld (nämlich zurückgeführtes Schwarzgeld) besteuern zu können.

Ob und wie weit das geklappt hat, ist umstritten. Die Einnahmen aus der Steuer auf Zins- und Veräußerungsgewinne sind seit 2009 stetig gesunken – von 12,5 Milliarden Euro auf geschätzt 5,6 Milliarden im vorigen Jahr. Das hat vor allem einen Grund: die massiv gesunkenen Zinsen. Da sich die Niedrigzinsphase auf den Anlagekonten wohl noch jahrelang auswirken wird, werden diese Einnahmen nach der Steuerschätzung auch bis mindestens 2021 nicht mehr steigen.

Die Dividendenbesteuerung erbrachte dagegen immer mehr – die Einnahmen daraus stiegen von 12,5 Milliarden Euro (2009) auf 19,4 Milliarden Euro im vorigen Jahr. Insgesamt steht einer Gesamtsumme von 24,9 Milliarden Euro im Jahr 2009 somit eine Gesamtsumme von 25 Milliarden Euro 2016 entgegen. Nicht eben ein großer Fortschritt. Zum Vergleich: 2006 lagen die addierten Einnahmen aus der Dividendensteuer und der damaligen Zinsabschlagsteuer bei 30 Milliarden Euro.

Wegen der Verzerrung durch Finanzkrise und Zinspolitik lässt sich kaum seriös beziffern, wie weit die Abgeltungssteuer ein Erfolg war. Zumal mit der Einführung 2009 einige Vorteile gestrichen wurden. So werden Dividendenerträge seither höher besteuert, Veräußerungsgewinne sind nicht mehr nach einem Jahr Haltefrist steuerfrei, bestimmte Werbeabzüge sind nicht mehr möglich. Zudem wurde der Freibetrag gesenkt.

Unklar ist, wie es weitergeht

Zumindest ein Indiz ergibt sich aus der Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Demnach erbrachte die Einführung der Abgeltungssteuer bis 2014 jährlich eine höhere Einnahme im Vergleich zum alten System. Basis der Einschätzung war eine „Mikrosimulation“. Unklar ist jedoch, wie sich die Änderungen im Detail tatsächlich ausgewirkt haben. Entlastungen bei besonders Vermögenden (durch den geringeren Steuersatz) könnten durchaus kompensiert worden sein durch höhere Belastungen bei mittleren Vermögen. Zweifellos haben sich viele Anleger, die vor allem auf Zinspapiere setzen, steuerlich bessergestellt gegenüber Anlegern, die ihre Kapitaleinkommen stärker aus Aktien generieren.

Freilich dürfte die Abgeltungssteuer ein Auslaufmodell sein. Gerade erst hat SPD- Fraktionschef Thomas Oppermann betont, dass seine Partei die Steuer abschaffen will. Der Grund: Auf Dauer lasse sich eine ungleiche steuerliche Behandlung von Einkünften aus Arbeit und Kapital nicht rechtfertigen. Arbeitseinkommen dürften nicht höher besteuert werden. Das sei eine Frage der Gerechtigkeit. SPD, Grüne und Linke werden damit Wahlkampf machen.

Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat schon vor einem Jahr das Ende der Abgeltungssteuer in Aussicht gestellt. Allerdings will er sich Zeit lassen. Erst einmal, heißt es im Finanzressort, solle abgewartet werden, wie der in diesem Jahr beginnende internationale Austausch von Kontendaten funktioniere. Der soll Steuerflucht unterbinden. Konkrete Pläne für eine Abschaffung gebe es noch nicht. In der Finanzverwaltung gilt die Steuer als praktisch: Sie wird pauschal von den Banken abgeführt und spart den Finanzämtern Arbeit.

Ob die Abschaffung zu einer Rückkehr zum alten System führt, ist mehr als unsicher. Die Höhe der Einnahmen aus der Besteuerung von Kapitalgewinnen dürfte der Staat sichern wollen. Entscheidend wird vor allem sein, wie Erträge aus Dividenden und Veräußerungsgewinne behandelt werden. Dass wieder der höhere Freibetrag kommt, die Steuerfreiheit nach einem Jahr Haltefrist, der Werbekostenabzug und eine geringere Dividendensteuer – darauf sollten sich große und auch kleinere Kapitalanleger nicht unbedingt einstellen.

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