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Zehn Euro, bitte: Wer zum Arzt will, muss zunächst eine Abgabe entrichten.

© dapd

Praxisgebühr: Aussetzen statt abschaffen

CDU-Gesundheitspolitiker Andreas Storm plädiert für einen Kompromiss im Streit um die Praxisgebühr – Unionskollegen winken ab.

Im Koalitionsstreit um die Praxisgebühr gibt es aus der Union nun auch einen Kompromissvorschlag. Die Abgabe für Arztbesuche sollte nicht komplett gestrichen, sondern erst einmal für zwei Jahre ausgesetzt werden, empfiehlt der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, Andreas Storm (CDU). In dieser Zeit könne geprüft werden, „ob es noch Bedarf an einem Steuerungselement gibt“. Außerdem müsse man die Sozialverträglichkeit und Zielgenauigkeit der Gebühr unter die Lupe nehmen, sagte Storm der „Ärzte-Zeitung“.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), bezeichnete den Moratoriums-Vorschlag als „Humbug“. Wenn die Praxisgebühr erst einmal ausgesetzt sei, werde sie auch nicht wieder eingeführt, sagte er dem Tagesspiegel. Spahn dringt darauf, die unpopuläre Gebühr aufgrund der steigenden Kosten im Gesundheitswesen beizubehalten. Gleichzeitig fordert er eine rasche Entscheidung über deren Fortbestand.

Bislang stemmt sich die Union gegen den Wunsch der FDP, die Zwangsabgabe zu streichen. Allerdings bröckelt der Widerstand zunehmend. Mit Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) und der Vorsitzenden der Frauengruppe in der Unionsfraktion des Bundestags, Rita Pawelski (CDU), schlugen sich bereits zwei Unionspolitiker auf die Seite der Liberalen. Söder hatte eine Abschaffung der Gebühr als „denkbar“ bezeichnet, Pawelski nannte die Abgabe „überflüssig wie einen Kropf“.

Söders unabgesprochener Vorstoß hatte die CSU-Landesgruppe in Berlin aufgebracht, die nach wie vor hinter der Praxisgebühr steht. Am Mittwoch distanzierte sich dann auch CSU-Chef Horst Seehofer von seinem Minister. „Jeder falsche Zwischenruf kann uns sehr teuer zu stehen kommen“, warnte Seehofer. Und erinnerte daran, dass Koalitionsgespräche allein von ihm und Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt geführt würden. Seehofer hat die Einführung der Praxisgebühr im Jahr 2004 mit zu verantworten, in nächtlicher Runde mit der damaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) gab er dem Vorhaben damals seinen Segen.

Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) sagte dem Tagesspiegel, dass die Praxisgebühr bleiben müsse und die Union diesbezüglich auch „seit Monaten eine sehr eindeutige Haltung“ vertrete. Im Übrigen sei es falsch, der Abgabe eine Steuerungsfunktion abzusprechen. Die Tatsache etwa, dass man sich durch die Einschreibung in Hausarzt-Verträgen die Praxisgebühr sparen könne, bewege viele Patienten zur Teilnahme an diesem gesundheitspolitisch sinnvollen Angebot.

Gegner der Gebühr dagegen verweisen auf Studien, wonach die zehn Euro kaum einen Patienten von unnötigen Arztbesuchen abhalten. Oft sei sogar das Gegenteil der Fall. Patienten kämen in die Praxis, um die bereits bezahlte Gebühr auszunutzen. Hinzu komme der immense Bürokratieaufwand für den Einzug.

Storm forderte, die Abgabe ergebnisoffen zu prüfen. Bereits Ende Juni, bei der jüngsten Gesundheitsministerkonferenz in Saarbrücken, hatten sich die Chefs der SPD-geführten Ministerien ausgiebig der umstrittenen Gebühr gewidmet. Allerdings hatten dann nur elf Länder die Abschaffung gefordert – 13 hätten es sein müssen, damit die Bundesregierung sich mit dem Thema befassen muss. Gegen eine Streichung votiert hatten Berlin, Bayern, Niedersachsen, Sachsen und das Saarland. Die SPD kündigte an, das Thema in der nächsten Woche im Bundestag zur Abstimmung zu stellen. Dann müssten CDU und CSU Farbe bekennen, sagte der Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

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