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Bankenkontrolle: EU-Finanzminister einigen sich auf neue Finanzaufsicht

Die Länder in der EU behalten bei der Finanzaufsicht auch künftig die Oberhand. Die nun beschlossene Reform begrenzt die Macht der neuen EU-Behörden.

Die EU-Finanzminister haben die letzte Hürde für eine umfassende Reform der europäischen Finanzaufsicht aus dem Weg geräumt. Am Mittwoch beschlossen sie in Brüssel, dass die Finanzaufsichtsbehörden der Länder weiterhin stärkere Eingriffsmöglichkeiten haben sollen als die neuen EU-Aufsichtsorgane. Der Finanzministerrat schränkte somit zugleich die Eingriffsrechte der geplanten neuen europäischen Behörden für Banken, Versicherungen und Börsen stark ein und lehnte damit einen Vorschlag der EU-Kommission ab.

Diese hatte empfohlen, dass die neuen EU-Behörden den beaufsichtigten Unternehmen im Fall einer Krise direkte Anweisungen geben können. Dieser Vorstoß wurde nun abgewiesen – Anordnungen der EU-Ebene an die nationalen Aufsichtsämter können von den Mitgliedstaaten angefochten werden.

Mit dieser Einigung ist der Weg für die Umsetzung einer neuen europäischen Finanzaufsicht frei. "Wir haben eine einstimmige Einigung über das gesamte Aufsichtspaket, wir können jetzt die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen", sagte der schwedische Finanzminister und EU-Ratspräsident Anders Borg.

Die Harmonisierung der Finanzaufsicht in Europa war jahrelang nicht vorangekommen. Grund: Die Mitgliedstaaten sträubten sich dagegen, Aufsichtsentscheidungen abzugeben. Denn im Fall einer Bankenpleite beispielsweise müssen die Mitgliedstaaten mit dem Geld ihrer Steuerzahler einspringen.

Großbritannien hatte die größten Vorbehalte, aber auch Deutschland bremste den Eifer der EU-Kommission. Der Sprecher des britischen Schatzkanzlers Alistair Darling sagte am Mittwoch, seine Regierung sei nun zufrieden mit dem Ergebnis. Die Interessen des Finanzplatzes London blieben gewahrt. 

Mit der Einigung ergeben sich folgende Rechte für die neuen europäischen Behörden, die aus bereits bestehenden beratenden EU-Fachausschüssen hervorgehen: Sie sollen den nationalen Aufsehern künftig Standards zur Umsetzung des Aufsichtsrechts vorschreiben. Sie können die nationalen Behörden zur Einhaltung des EU-Rechts zwingen und bei Streit unter den Aufsehern der Mitgliedsländer – etwa bei der Rettung einer grenzüberschreitend tätigen Bank – einen Schiedsspruch fällen.

Die Entscheidungen können aber von den EU-Mitgliedstaaten angefochten werden, wenn sie finanzielle Konsequenzen für ihre Staatskasse hätten. Ein Konflikt muss letztlich vom EU-Finanzministerrat entschieden werden.

Die Finanzminister verständigten sich zudem auf komplizierte Abstimmungsregeln für die Lenkungsausschüsse der europäischen Behörden, denen Vertreter aller Mitgliedstaaten angehören. Generell hat ein Staat eine Stimme, und es genügt für einen Beschluss eine einfache Mehrheit. Sind einzelne Länder gegen einen Beschluss, müssen sie nur eine qualifizierte Blockademinderheit von etwa einem Drittel der Stimmen zusammenbringen statt einer einfachen Mehrheit.

Zur Reform der Finanzaufsicht gehört auch die Einrichtung eines Systemrisikorates, der bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt ist. Darüber hatten sich die EU-Finanzminister bereits im Oktober verständigt.

Die Minister können nun die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament beginnen, das über die Verordnungen mit entscheidet. Die Vorsitzende des dafür verantwortlichen Wirtschaftsausschusses, Sharon Bowles, sagte, das Parlament werde sich nicht drängen lassen, auch wenn die Reform bereits im kommenden Jahr in Kraft treten soll.

Quelle: ZEIT ONLINE, Reuters

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