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© Davids

Baron aus Bayern: Seelen streicheln mit Guttenberg

Nach Jahren hat der CDU-Wirtschaftsflügel wieder Freude an einem Minister aus Unionsreihen – Karl-Theodor zu Guttenberg.

Von Robert Birnbaum

Er sagt fast nichts, aber das Richtige, und das im rechten Ton. „Es ist nicht die Zeit für Heilsversprechen“, ruft Karl-Theodor zu Guttenberg in den Saal, „es ist Arbeit, die uns abverlangt wird. Kärrnerarbeit! Dienstleistung!“ Der Saal applaudiert, und er tut es in ehrlicher Begeisterung. Der Wirtschaftsrat der CDU hat in den letzten Jahren viel ertragen müssen – den Abgang der Ikone Friedrich Merz, eine große Koalition, eine Kanzlerin, die sich der eigenen Leipziger Beschlüsse nicht mehr offensiv erinnern mag – so tief ist die Verzweiflung gewesen, dass der Präsident Kurt Lauk neulich den FDP-Chef Guido Westerwelle zum Vortrag geladen hat,damit mal wieder einer das Herz seiner Truppen wärmt.

Doch am Dienstagnachmittag im Saal des Berliner Interconti ist Lauks Welt vorläufig wieder in Ordnung. Der Neue an der Spitze des Bundeswirtschaftsministeriums ist genau das, worauf sie hier gewartet haben: eloquent, hoffnungsträger, jung, prinzipientauglich, auch bissig. „Nachgerade absurd“ sei das, die soziale Marktwirtschaft für die Krise verantwortlich zu machen, sagt Guttenberg, und es reiche auch nicht als Ausweis von Wirtschaftskompetenz, „dass man gerade mal den Namen Ludwig Erhard zu stammeln weiß“. Gegen Pauschalverurteilung von „Managern“ und „Bankern“ wendet er sich: „Ja, es gab solche, die ihrer Verantwortung sicherlich nicht gerecht geworden sind“, aber der erdrückende Teil der Unternehmerschaft denke über den „Gewinn der nächsten Stunde“ hinaus..

Das hört das Publikum gerne. Nicht ganz so gerne hört es möglicherweise, dass die Union für die nächste Wahlperiode nicht die ganz große Steuerreform ins Visier nimmt. Aber das Plädoyer des CSU-Manns für den „Maßstab des Machbaren“, die Bitte um Verständnis dafür, dass CDU und CSU nur moderate Steuerabsenkung „und ab dem Zeitpunkt, wo es geht“ zusagen – auch diese Bitte erntet Applaus. „Füllhornmentalität“ sei falsch, so wie ja auch nicht einfach jede Firma mit Problemen Staatsgeld bekommen könne „nach der Lautstärke des Rufes“.

Das Publikum, meist Mittelständler, hat still für sich applaudiert, als die Regierung dem Arcandor-Konzern Staatsbürgschaften verweigerte. Jetzt klatschen sie laut dem Mann zu, der seit Opel zum Sinnbild solcher Verweigerung geworden ist. Und Guttenberg weiß: Das ist das Pfund, mit dem er wuchern kann. Er werde ja jetzt „Insolvenzminister“ gerufen von Leuten, die sich seinen langen Namen nicht merken könnten, sagt er, aber so was sei ihm egal, „insbesondere wenn das aus dem Mund von Gasprom-Diplomaten kommt“.

Der Saal kichert. Ob Gerhard Schröder weiß, was das für ein Mordsfehler war, seine Attacke auf „den Baron da aus Bayern“? Weil es der politische Ritterschlag ist, vom SPD-Altkanzler des Beschimpfens wert befunden zu werden? Am Ende erheben sich alle. „Dem Beifall ist eigentlich nichts hinzuzufügen“, sagt Lauk. Später am Abend hält Angela Merkel dem Wirtschaftsrat eine kluge, witzige Vorlesung über CDU-Politik in der Krise. Auch die Kanzlerin erhält viel freundlichen Applaus. Alter Groll ist vergessen, die Krisen-Kanzlerin erntet Respekt. Guttenberg schlägt anderes entgegen. Sie haben einen neuen Helden. Friedrich Merz war vorerst gestern.

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