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Ein Expertenteam der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) besteigt UN-Fahrzeuge, um zu Europas größtem Kernkraftwerk Saporischschja zu fahren.

© dpa

Ukraine-Invasion Tag 187: Behindert Russland gezielt den Besuch von Experten in Saporischschja?

Weitere Kämpfe in Cherson, Iran liefert teilweise kaputte Drohnen an Russland, hölzerne Waffenattrappen täuschen Russen. Der Überblick am Abend.

Während das Hauptaugenmerk heute auf den ukrainischen Angriffen im Süden des Landes lag (siehe Karten unten), geht der Konflikt um das Atomkraftwerk Saporischschja trotz des nahenden Besuches durch IAEA-Inspektoren weiter.

So erklärte die russische Besatzungsverwaltung, dass das AKW am Dienstagmorgen erneut unter Beschuss geraten sei. Die Besatzer machen die Ukraine für den Angriff verantwortlich und behaupten, sie würden die Mission der Atomenergieexperten stören wollen, wie es in einer bei Telegram verbreiteten Meldung hieß. Auch in der Stadt Enerhodar, in der das AKW liegt, gab es heftigen Beschuss.

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Genau diesen Vorwurf gibt es aber auch in die andere Richtung: Mychailo Podoljak, Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, hatte via Twitter den russischen Truppen den Vorwurf gemacht, gezielt Angriffe auf eben jenen Korridor zu fahren, den die IAEA-Experten nutzen wollen, um zum AKW zu kommen. Bereits seit Wochen machen sich Kiew und Moskau gegenseitig für die Eskalation rund um die Nuklearanlage verantwortlich.

Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Allerdings hat die Ukraine kaum Interesse daran, die Anlage zu beschädigen, liefert sie doch 20 Prozent des Stroms in der Ukraine. Schon jetzt sind die Aussichten für die Energieversorgung im Winter düster. 

Fest steht: Die 14 Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde sind inzwischen in Kiew angekommenwie CNN berichtete. Reporter des Senders hätten sie vor einem Hotel in der ukrainischen Hauptstadt gesehen. Die ukrainische Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine berichtete dies ebenfalls unter Berufung auf den Pressedienst des Energieministeriums. Weitere Details zur Mission würden aber aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben. Die neuerlichen Angriffe am Morgen lassen erahnen, dass dies nicht unbegründet ist.

DIE WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Das ukrainische Militär setzt laut einem Bericht der „Washington Post“ auch Waffenattrappen ein, um die Angreifer zu täuschen. Dabei gehe es etwa um hölzerne Nachbildungen moderner US-Raketensysteme, schrieb die Zeitung unter Berufung auf ungenannte hochrangige Beamte aus den USA und der Ukraine. Mehr dazu hier.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz will „sehr schnell“ eine Entscheidung über das dritte Entlastungspaket für die drastischen Preissteigerungen herbeiführen. Einen genauen Zeitpunkt nannte der SPD-Politiker zu Beginn der Klausurtagung auf Schloss Meseberg aber nicht. Mehr dazu hier.
  • Ein Unternehmen aus Norddeutschland soll einem Bericht zufolge Chemikalien für Kampfstoffe nach Russland geliefert haben. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade sagte AFP, dass Ermittler wegen eines Verdachts des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz zu einer Durchsuchung ausgerückt seien. Mehr lesen Sie hier.
  • Der Iran hat Bericht der „Washington Post“ zufolge erste Drohnen an Russland für den Einsatz in der Ukraine geschickt. Allerdings hätten die russischen Streitkräfte bei ersten Tests mit zahlreichen Fehlfunktionen zu kämpfen gehabt. Die Russen seien „nicht zufrieden“. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Der Krieg in der Ukraine leert offenbar rapide die amerikanischen Bestände einiger Munitionstypen. Das berichtet das „Wall Street Journal“. Demnach sei das Pentagon besorgt darüber, dass sich die eigenen Lager nur langsam wieder füllten. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.
  • Kirill Stremousov, der von Russland ernannte Gebietsleiter von Cherson ist offenbar nach Russland geflohen. Eine seiner neuesten Videobotschaften sei im Marriot-Hotel in Woronesch etwa 190 Kilometer hinter der Grenze zur Ukraine aufgenommen worden, melden mehrere Nutzer auf Twitter. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Vor der angekündigten Abschaltung der Pipeline Nord Stream 1 sind die Buchungen für russische Gaslieferungen nach Deutschland auf Null gefallen. Das ging aus den Daten des Betreibers der Gaspipeline hervor.
  • Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht kaum noch Möglichkeiten, Waffen aus Bundeswehrbeständen in die Ukraine zu schicken. „Ich muss zugeben als Verteidigungsministerin, (...) da kommen wir an die Grenzen dessen, was wir aus der Bundeswehr abgeben können“, sagte sie.
  • Die Bundesregierung hat sich für die vollständige Aussetzung des europäischen Visa-Abkommens mit Moskau ausgesprochen. Ein solches Vorgehen könne im EU-internen Streit über mögliche Einreisebeschränkungen eine „ganz gute Brücke“ sein, sagte Außenministerin Annalena Baerbock. 
  • Durch russischen Beschuss der Großstadt Charkiw sind am Dienstag nach ukrainischen Angaben mehrere Menschen getötet worden. Russland habe „die Innenstadtbezirke Charkiws unter Beschuss genommen“, schrieb Regionalgouverneur Oleg Synegubow am Dienstag im Online-Dienst Telegram.
  • Die russischen Besatzer um die südukrainische Stadt Cherson leiden nach Angaben von Militärexperten trotz erheblicher Verstärkungen unter Personal- und Nachschubproblemen. Das geht aus dem täglichen Geheimdienst-Update des britischen Verteidigungsministeriums zum Ukraine-Krieg hervor.

HINTERGRUND UND ANALYSE

1. „Wir werden sehen, wie weit wir kommen“Was bisher über den Angriff der ukrainischen Truppen im Süden bekannt ist

2. „Frozen conflicts“: Wenn der Frieden in weiter Ferne liegt

3. Deutschlands „Working Class“ droht ein harter Winter: „Viele haben das Ausmaß der Krise noch nicht begriffen – auch die Politik nicht“

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