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Politik: Bei Anruf Sendung

Das Fernsehen bereitet sich auf die Übertragung der Köhler-Rede zur Neuwahlentscheidung vor

Berlin - So schnell wie in diesen Tagen geht man in den Zentralen der deutschen Fernsehsender nicht immer ans Telefon. Sowohl bei ARD und ZDF als auch bei der privaten Konkurrenz wartet man gespannt auf eine kurze Benachrichtigung aus dem Bundespräsidialamt. Wann wird Horst Köhler – wie zumindest von vielen Seiten vermutet – in einer Fernsehansprache das Volk ins Sachen Bundestagsauflösung unterrichten? Und wird die Vorwarnzeit für alle Sender ausreichen, um die Kameras auf den Bundespräsidenten richten zu können? Die Sender geben sich jedenfalls vorbereitet, niemand will auf eine Live-Austrahlung verzichten.

Ein feststehendes Verfahren für die „kurzfristige Benachrichtigung“, die den Fernsehsendern dem Vernehmen nach zugesagt wurde, gibt es nicht. Nur Vorbilder für Ansprachen des Staatsoberhauptes aus der Vergangenheit. So wie 1983, als Karl Carstens vor die Fernsehkameras trat, nachdem Helmut Kohl zuerst die SPD-Regierung unter Helmut Schmidt stürzte und dann die Neuwahl des Bundestages in die Wege leitete. Bundespräsident Gustav Heinemann hatte sein Votum für die Auflösung des Parlaments 1972 ebenfalls mit einer Fernsehansprache verbunden. Auch in jüngerer Vergangenheit gab es TV-Ansprachen des Staatsoberhauptes jenseits der traditionellen Termine zu Weihnachten. Zum Beispiel im August 2002, als sich Johannes Rau über das Fernsehen an das deutsche Volk wandte, nachdem er sich selbst ein Bild von der Verwüstung nach der großen Flut gemacht hatte.

Dennoch: Ein solches Staatsgeheimnis wurde selten aus einer öffentlichen Ansprache eines Bundespräsidenten gemacht. Köhlers Sprecher Martin Kothé gibt sich äußerst bedeckt. „Alle interessierten Rundfunkanstalten und Medienhäuser werden die Möglichkeit des Zugriffs haben“, ist die einzige Auskunft, die ihm zu entlocken ist.

So sitzen die politischen Redaktionen derzeit vor ihren Telefonen und Faxgeräten, um auf den entscheidenden Hinweis zu warten. Dabei geht man bei den privaten Sendern keineswegs davon aus, dass man gegenüber ARD und ZDF benachteiligt wird. „Wir befinden uns in der gleichen Infoschiene“, sagt N-24-Sprecher Thorsten Pütsch und ergänzt: „Wann und wie wir informiert werden, wissen wir genauso wenig wie den Ort und den Zeitpunkt der Ansprache.“ Volker Wasmuth, stellvertretender Chefredakteur von n-tv, setzt darauf, dass die einvernehmliche Zusammenarbeit mit dem Bundespräsidialamt auch dieses Mal gut funktioniert, auch wenn beim Kölner Sender derzeit genauso nur mit Szenarien, aber ohne Gewissheiten gearbeitet wird. Wichtig sei nun, dass man die richtigen redaktionellen Vorbereitungen getroffen hat, selbst „wenn unserer Ü-Wagen derzeit noch im Hof der Berliner Redaktion steht“, wie Wasmuth sagt. Sicher aber ist: Nach der Ansprache „geht es erst richtig los“.

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