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Beitragserhöhungen: Merkel brüskiert ihren Gesundheitsminister

Die Kanzlerin hat Philipp Rösler in interner Runde für seine Gesundheitspolitik kritisiert. Angesichts von Zusatzbeiträgen für Krankenkassen sprach sie von einem Kartell.

Die Bundeskanzlerin hat sich kritisch mit der Politik von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auseinandergesetzt. In geschlossenem Kreise soll sie gesagt haben, es habe keinen Sinn, immer wieder mit Vorschlägen für die Einführung einer Kopfpauschale voranzupreschen. So berichtet es zumindest das Handelsblatt unter Berufung auf Teilnehmer einer Unionsfraktionssitzung. Merkel verwies darin auf die ab 2011 geltende, im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gegen ein weiteres Anwachsen des Staatsdefizits. "Dann soll Herr Rösler mal schauen, wie er das haushaltsneutral hinbekommt", soll Merkel gesagt haben. Bisher hatte sich die Kanzlerin kaum zur Kopfpauschale geäußert. Sie galt in diesem Bereich als unentschlossen, derartige Kritik drang bisher nicht nach außen.

Die Kanzlerin zeigte sich auch verärgert über die Gesetzlichen Krankenkassen, die von ihren Versicherten Zusatzbeiträge verlangen wollen. Sie habe angekündigt, die Regierung werde sich genau anschauen, was die Kassen da machen. "In anderen Fällen wäre das ein Fall für das Kartellamt", sagte Merkel laut Handelsblatt.

Dem Bericht zufolge zeigte die Kanzlerin Unverständnis dafür, dass gleich mehrere Kassen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, den Zusatzbeitrag von acht Euro zu erheben, obwohl die Situation der Kassen, vor allem ihre Rücklagen, sehr unterschiedlich sei.

Die ersten großen Krankenkassen hatten angekündigt, zusatzbeiträge zu erheben. Diese Möglichkeit besteht seit 2009, seit der Gesundheitsfonds existiert. Millionen Versicherte sollen nun ab Februar acht Euro mehr im Monat bezahlen.

Das ist Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) viel zu früh: Sie sagte der Rheinischen Post, sie halte die geplanten Zusatzbeiträge zum 1. Februar für rechtswidrig, da Krankenkassen Beitragserhöhungen mit einem Vorlauf von einem Monat ankündigen müssten. Sie warnte die Kassenpatienten zugleich vor überstürzten Kündigungen. Es sei damit zu rechnen, dass weitere Kassen ihre Beiträge erhöhen.

Wie die Zeitung weiter berichtet, lasse Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) prüfen, wie das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf die Krankenkassen ausgeweitet werden kann. Ein Sprecher des Bundeskartellamts sagte den Stuttgarter Nachrichten, die Behörde prüfe den Vorgang.

Die Vorstandsvorsitzende der größten deutschen Kasse Barmer GEK, Birgit Fischer, machte die Politik für die Einführung der Zusatzbeiträge verantwortlich. "Aktuell entsteht der Eindruck, als sei dies eine Entscheidung der Krankenkassen – das ist es nicht", sagte sie dem Neuen Deutschland. "Man lässt die Versicherten in die Situation hineinlaufen, hält die Krankenkassen unter Druck und forciert gleichzeitig ein neues Finanzierungssystem als Lösung, die Kopfpauschale." Das sei Stimmungsmache auf dem Rücken der Patienten. 

Wie die Berliner Zeitung berichtete, benachteiligen die Zusatzbeiträge Menschen mit geringem Einkommen und Hartz-IV-Empfänger stärker gegenüber Gutverdienern als bisher bekannt. Das Bundesfinanzministerium habe bestätigt, dass die Beiträge genauso wie die normalen Kassenbeiträge als Sonderausgabe steuerlich absetzbar seien. Davon profitierten aber nur diejenigen, die nennenswert Steuern zahlen. Für sie reduziere sich dadurch der Zusatzbeitrag. Wer keine oder nur wenig Steuern zahle, bleibe dagegen auf dem vollen Betrag sitzen.

Empfänger von Staatsgeld können aber hoffen: Wie die Bild-Zeitung berichtete, gibt es in der Regierung Überlegungen, die Zusatzbeiträge für Hartz-IV-Empfänger zu übernehmen. Das Blatt beruft sich auf Regierungskreise. 

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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