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Bericht über drei Wochen alte Mail in Magdeburg: Veranstalter soll vor Anschlag auf Sicherheitslücken hingewiesen haben
Nach dem Anschlag in Magdeburg geht es weiter um mögliche Versäumnisse der Behörden. Nun gibt es einen Bericht, wonach die Polizei lange vorher über Sicherheitsbedenken informiert gewesen sein soll.
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Auch mehr als eine Woche nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg mit fünf Toten und mehr als 200 Verletzten sind die Hintergründe der Tat noch nicht geklärt. Während die Ermittlungen zum mangelnden Sicherheitskonzept andauern und der Innenausschuss des Bundestags zu einer Sondersitzung zusammenkommt, werden die Behörden abermals schwer belastet.
Einem Bericht der „Volksstimme“ zufolge soll der Veranstalter des Weihnachtsmarkts die örtliche Polizei bereits zu Beginn der Weihnachtszeit auf Sicherheitslücken aufmerksam gemacht haben.
Die in Magdeburg erscheinende Zeitung beruft sich dabei auf eine E-Mail der Weihnachtsmärkte GmbH vom 29. November - also drei Wochen vor der Amokfahrt - an den Reviereinsatzdienst des Polizeireviers Magdeburg. Darin wird moniert, dass Mannschaftswagen schon damals „falsch“ abgestellt worden seien.
„Im Bereich der Hartstraße stehen die Fahrzeuge teilweise immer wieder an der falschen Position“, soll laut Bericht in der E-Mail stehen. „Ich habe die Kollegen nett angesprochen und sie sagten mir, dass sie O-Ton: ‚keine Informationen zum Einsatz hier haben‘“. Der Veranstalter erklärte den Angaben nach, keine Antwort auf seine E-Mail erhalten zu haben.
In dem in der E-Mail erwähnten Bereich befindet sich die Rettungsgasse, durch die der 50-jährige Attentäter Taleb Al Abdulmohsen den Weihnachtsmarkt nach seiner Todesfahrt wieder verlassen hatte. Der für die Ausfahrt vorgesehene Polizeiwagen soll dem Bericht zufolge stattdessen 15 Meter weiter in einer Taxi-Haltebucht abgestellt gewesen sein.
Polizei und Innenministerium weisen Verantwortung von sich
Das für die Polizei zuständige Innenministerium von Sachsen-Anhalt wies die Vorwürfe gegen die Einsatzkräfte jedoch zurück. Die Orte für die Postierung der Polizeiwagen seien am 21. November bei einem Ortstermin „verbindlich und einvernehmlich“ zwischen Polizei und Veranstalter abgestimmt worden, zitiert die „Volksstimme“ eine Sprecherin.
Demnach liege die Gewährleistung der Sicherheit „auch ohne äußere Hilfe in der Zuständigkeit des Veranstalters“. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Magdeburger Polizei gegenüber der „Bild“-Zeitung.
Die Innenministeriumssprecherin erklärte darüber hinaus, die Polizei habe „zu keinem Zeitpunkt den Auftrag gehabt, Flucht- und Rettungswege permanent zu versperren“. Stattdessen sei das Konzept mobiler Sperren vorgesehen gewesen. Doch auch dieses Konzept sei mangelhaft umgesetzt gewesen.
So sei weder dem Veranstalter noch der Stadt noch den Sicherheitsbehörden aufgefallen, dass die vom Attentäter genutzte Zufahrt nicht - wie ursprünglich vorgesehen - nur vier Meter breit gewesen war.
Stattdessen habe es in diesem Bereich an einer Ampel rechts und links je sechs Meter breite Durchlässe ohne Betonblöcke gegeben. Am 21. November war dies jedoch bei der offiziellen Abnahme durch die Stadt Magdeburg nicht beanstandet worden.
Der Attentäter, der in Untersuchungshaft sitzt, war ungehindert zwischen einer Fußgängerampel und einer Betonsperre auf den Weihnachtsmarkt gefahren.
Sicherheitskonzept beschäftigt auch den Innenausschuss
Zusätzlich zu den behördlichen Ermittlungen beginnt an diesem Montag die politische Aufarbeitung im Bundestag. Dort kam am Mittag der Innenausschuss des Bundestages zu einer Sondersitzung zusammen, um über den aktuellen Stand der Erkenntnisse zu beraten.
Erwartet wurden unter anderen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen sowie die Magdeburger Oberbürgermeisterin Simone Borris.
Im Fokus der Ermittlungen stehen derzeit vor allem das Sicherheitskonzept des Veranstalters und das polizeiliche Einsatzkonzept. Es geht aber auch darum, ob angesichts früherer Auffälligkeiten des Täters etwas versäumt wurde.
Dabei geht es vor allem um den Informationsaustausch zwischen verschiedenen staatlichen Stellen. Denn bereits vor seiner Todesfahrt war der Attentäter von Magdeburg im Visier von Sicherheitsbehörden. (mit dpa)
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