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CIA-Aktivitäten: Berlin erwartet Aufklärung

In der Affäre um mögliche Geheimgefängnisse und Gefangenentransporte der CIA in Europa erwartet die Bundesregierung Aufklärung durch die Amerikaner.

Berlin/Straßburg - Die Berichte über die angeblichen Operationen des US-Geheimdienstes gäben Anlass zur Besorgnis, sagte der neue Bundesaußenminister, Frank-Walter Steinmeier (SPD), der «Bild am Sonntag». Allerdings sagte Steinmeier das auch: «Der Außenminister muss Fakten bewerten, keine Zeitungsberichte». Deshalb ist es gut, dass der britische Außenminister Jack Straw die USA im Namen der EU offiziell um Aufklärung bitten wird.»

Union und Grüne forderten derweil den Außenminister auf, das Thema bei seinem Antrittsbesuch in den USA in der kommenden Woche anzusprechen. Die Regierung in Washington äußerte sich auch bis Samstagnachmittag nicht zu den Vorwürfen.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte der «Welt am Sonntag»: «Ich gehe davon aus, dass Steinmeier dieses Thema in Washington ansprechen wird.» Die USA müssten ein Interesse daran haben, nicht in falschen Verdacht zu geraten. Grünen-Chefin Claudia Roth sagte, sie erwarte, dass Steinmeier die rückhaltlose Aufklärung dieser Flüge einfordert. «Wie viele Gefangene wurden wann wohin transportiert, welche Zwischenstopps gab es in Deutschland?», fragte Roth.

Noch in diesem Jahr soll es nach einem Bericht der «Berliner Zeitung» weitaus mehr geheime CIA-Flüge in Europa gegeben als bislang bekannt. Danach sollen als zivile Maschinen getarnte CIA-Flugzeuge bis Ende September mindestens 15 Mal auf europäischen Flughäfen gelandet sein. Nach Informationen der «Märkischen Allgemeinen» bestätigt eine Liste ungeklärter Flugbewegungen, dass es in letzter Zeit mehrmals Flüge von Kabul in Afghanistan und dem US-Stützpunkt Guantánamo auf Kuba nach Rumänien und Polen gegeben habe. Ein CIA- Flugzeuge soll nach einem Bericht der türkischen Zeitung «Hürriyet» am 15. November auch in Istanbul zwischengelandet sein.

Über ein «Guantánamo-ähnliches Gefangenenlager» der Amerikaner im Kosovo berichtete die französische Tageszeitung «Le Monde». Sie berief sich auf den Menschenrechtsbeauftragten des Europarates, Alvaro Gil Robles, der den US-Stützpunkt Camp Bondsteel bei Pristina im September 2002 besucht hatte. Dort habe dieser «etwa 15 bis 20 Gefangene in orangefarbenen Anzügen wie in Guantánamo» gesehen.

Die Affäre könnte politische Konsequenzen für den EU- Beitrittskandidaten Rumänien haben. Sollte sich bestätigen, dass Rumänien in dieser «ungesetzlichen und unmenschlichen Weise» mit der CIA kooperiert habe, werde man auch den «Beitritt zur Europäischen Union Anfang 2007 trotz aller Verträge noch einmal zur Diskussion stellen», sagte der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Elmar Brok, der «Märkischen Allgemeinen».

Der rumänische Außenminister Mihai Razvan Ungureanu hatte zuvor erklärt, sein Land mache sich «keine Sorgen». Der Europarat will möglichen US-Geheimgefängnissen mit Hilfe von Satellitenbildern auf die Spur kommen. Anhand der Aufnahmen könne festgestellt werden, ob von Anfang 2002 bis heute an von der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch angegebenen Stellen in Rumänien und Polen Gefängnisse auf- oder abgebaut wurden, wie aus einem Bericht des Rechtsausschussvorsitzenden des Europarates, Dick Marty, hervorgeht.

Human Rights Watch (HRW) forderte die europäischen Regierungen zum Handeln auf. Jene dürften nicht einfach sagen, dass es sich dabei nicht um ihre Angelegenheit handele, betonte HRW-Direktor Steve Crawshaw im Deutschlandradio Kultur. Es sei auch richtig, wenn jetzt die Bundesregierung unter Druck gerate: «Manchmal möchte man die schwierigen Fragen einfach nicht stellen.» (tso/dpa)

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