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Bernd Lucke, Wirtschaftswissenschaftler und AfD-Mitbegründer, nach seiner verhinderten Antrittsvorlesung.

© Markus Scholz/dpa

Bernd Lucke zieht kruden Vergleich: „Früher als Judensau beschimpft, heute als Nazischwein“

AfD-Gründer Lucke hat den Protest gegen ihn in Hamburg mit der Judenverfolgung in der Nazi-Zeit verglichen. Kritiker sehen eine „katastrophale Gleichsetzung“.

Bernd Lucke auf einer Linie mit den jüdischen Opfern des Nationalsozialismus? Der Wirtschaftswissenschaftler und Gründer der AfD hat öffentlich Parallelen gezogen zwischen seiner Situation bei der von Protestierenden lautstark verhinderten Vorlesung an der Uni Hamburg und der Art, wie Juden im „Dritten Reich“ in Deutschland behandelt wurden.

Im Podcast des Journalisten Gabor Steingart sagte Lucke auf die Frage, ob die Ereignisse im Hörsaal nicht Ausdruck einer polarisierten Gesellschaft gewesen seien: Es gäbe eine gewisse Maßlosigkeit in der politischen Auseinandersetzung. „Das ist eine Maßlosigkeit, die durch nichts entschuldbar ist“, sagte Lucke weiter. Und dann: „Ich meine, früher ist man als Judensau beschimpft worden bei uns. Wenn das heute vorkäme, würde sicher sofort eingegriffen werden. Jetzt heißt es also Nazischwein. Und ehrlich gesagt finde ich das jenseits von allem, was sich in irgendeiner Form rechtfertigen lässt.“

Journalist Steingart lässt den Vergleich mit Opfern der NS-Diktatur unkommentiert stehen. Darüber äußern sich viele bei Twitter empört.

„Katastrophale Gleichsetzung, die ohne Einordnung bleibt“, nennt der Journalist Vassili Golod Luckes Aussage. Eine Nutzerin kommentiert: „Jetzt bringt er also selbst auch den Vergleich mit antisemitischen Angriffen. Wer durch so billige Vergleiche den Holocaust relativiert, dem bläst der Wind vollkommen zurecht ins Gesicht!“

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Grünen-Politiker Sven Kindler kommentiert: „Klassische rhetorische Figur der Täter-Opfer-Umkehr.“ So werde Antisemitismus damals wie heute relativiert. „Nein, es war kein Zufall, dass Bernd Lucke die AfD gegründet hat“, schließt er.

Am Mittwoch hatten mehrere hundert Demonstranten an der Universität Hamburg die erste Vorlesung von AfD-Mitbegründer Lucke nach dessen Rückkehr an die Hochschule verhindert. Danach war eine hitzige Debatte um den Vorgang entstanden, in der auch Vergleiche mit dem Nationalsozialismus geäußert und wiederum kritisiert wurden.

Lucke hatte dem Tagesspiegel gesagt: „Natürlich lasse ich mich davon nicht einschüchtern.“ Er sei bei seiner Rückkehr an die Uni insgesamt sehr freundlich aufgenommen worden. „Der Tag gestern war eine Ausnahme.“

Asta verteidigt Protest, aber nicht Störung der Lehrveranstaltung

Die Studierendenvertretung der Universität hatte unter dem Motto „Lucke lahmlegen“ zu einer Protestkundgebung aufgerufen – aber nicht zur Störung der Lehrveranstaltung, wie der Asta im Anschluss erklärte. Im Auditorium des historischen Hauptgebäudes skandierten Aktivisten unter anderem „Hau ab“ und „Nazischweine raus aus der Uni“.

Die Uni hatte zunächst nach dem Vorfall verkündet, „diskursive Auseinandersetzung“ müsse man aushalten, wozu Lucke in Steingarts Podcast betonte, von diskursiv zu sprechen sei befremdlich. Er sei Beleidigungen, Einschüchterungen, Niederschreien ausgesetzt gewesen. Am Donnerstag legte die Universitätsleitung nach: Die Störungen der Vorlesung seien „mit dem grundgesetzlich garantierten Schutz der Freiheit von Wissenschaft nicht zu vereinbaren. Die Ausübung von wie auch immer gearteter Gewalt“ lehne man ab.

Die Protestkundgebung hatte der Asta damit erklärt, dass Lucke „mit der Gründung der AfD eine Partei geschaffen“ habe, „mit der heute eine Vielzahl emanzipatorischer Institutionen aus Kunst und Kultur, aber auch den Bildungsbereichen zu kämpfen hat“. Lucke trage „Mitverantwortung für die heutigen gesellschaftlichen Verwerfungen in Deutschland“. Es sei „unzumutbar“, dass er „ohne weiteres in den wissenschaftlichen Betrieb zurückkehren kann“.

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