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Politik: „Beschützt, bewacht, beobachtet“

16 000 Polizisten sichern Heiligendamm, den Ort des G-8-Gipfels – selbst US-Kriegsschiffe sind dabei

Auch Hansa Rostocks Mittelfeldspieler Stefan „Paule“ Beinlich hat sich für den Schutz des G-8-Gipfels einspannen lassen. „Sag deine Meinung, aber bitte ohne Gewalt“, appellierte er – wie auch andere Prominente – per Radiospot und Zeitungsanzeige an alle, die das Treffen der acht Staats- und Regierungschefs in Heiligendamm Anfang Juni kritisch begleiten wollen. Die Medienkampagne ist Teil der weichen Welle, mit der Knut Abramowski im Vorfeld zur Deeskalation beitragen will. Abramowski leitet den G-8-Polizeieinsatz –und baut hauptsächlich auf „harte“ Sicherheitsmaßnahmen.

Silbern schlängelt sich der gut zwölf Kilometer lange, 2,50 Meter hohe und stacheldrahtbewehrte Zaun im weiten Halbkreis durch Wald und Felder um das Seebad Heiligendamm. Kameras und Bewegungsmelder ergänzen die „komplexe technische Sperre“, die die Polizei um den G-8-Gipfel-Ort errichtet hat, um die Staatsgäste vor Terroranschlägen und militanten Anti-G-8-Demonstranten zu schützen. Tief in den Boden hinein wurde der „Untergrabschutz“ versenkt. Eine Netzsperre in der Ostsee soll unwillkommene Schwimmer und Taucher abhalten. Wer sich ab dem 30. Mai dem Zaun zu dritt oder viert auf weniger als 200 Meter nähert, dem droht ein Platzverweis. Öffentliche Versammlungen sind dann für neun Tage verboten.

Der Weg hinein in die Festung Heiligendamm führt für alle, die nicht am Gipfel teilnehmen, ab Ende Mai nur durch zwei Checkpoints. Nach strengen Kontrollen wird nur durchgelassen, wer in Heiligendamm wohnt, arbeiten muss, Waren anliefert oder sonst dringend gebraucht wird und deshalb einen Sonderausweis mit Foto hat. Schon seit Wochen wimmelt es in der Region von Uniformierten. 1500 Polizisten aus der gesamten Republik patrouillierten in der vergangenen Woche über die Landstraßen, entlang der Seepromenade und durch die Wälder um den Tagungsort. Sie fühle sich „beschützt, bewacht und beobachtet“, sagt Kerstin Schwarz, die in Börgerende einen Kiosk betreibt. Bis zu 16000 Polizisten werden in der ersten Juniwoche den Gipfel, die Gegendemos in Rostock und den Flughafen Rostock-Laage absichern. Wie viele Beamte in Zivil sich mit „der Lage“ vertraut gemacht haben, verrät die Einsatzleitung nicht. Auch von der Seeseite aus wird Heiligendamm abgeschirmt. Entlang eines rund 22 Kilometer langen Küstenabschnitts und bis zu 14 Kilometer ins Meer hinaus wird der Schiffs- und Bootsverkehr während des Gipfels verboten. Neben zahlreichen Booten vom Wasserschutz und der Bundespolizei schickt die Bundeswehr drei Minensucher. Eine Fregatte soll der Luftwaffe helfen, ein Luftlagebild zu erstellen. Der Luftverkehr wird – außer für internationale Fernflugrouten – in einem Radius von 50 Kilometern in 10 000 Meter Höhe gesperrt. Ein Sprecher der Bundeswehr in Schwerin wollte weder bestätigen noch dementieren, dass sich auch US-Kriegsschiffe am Gipfelschutz beteiligen werden. Es sei aber kein Geheimnis, dass die Nato-Übung „Baltops“ Anfang Juni in der Ostsee stattfindet.

Intern heißt es, Heiligendamm eigne sich hervorragend, um internationalen Gästen ein Stück Deutschland außerhalb Berlins zu zeigen. Es gebe allerdings Orte, wo es einfacher sei, die Gäste auch zu schützen. Martin Timm wäre ein anderer Tagungsort offenbar recht gewesen. Er verkauft Motorräder in Reddelich, auf dessen fast leerem Gewerbegebiet die Gipfelgegner zu Tausenden campieren werden. „Sagt eure Meinung – aber bitte ohne Gewalt“, beschwört auch der Geschäftsmann die Demonstranten im Radiospot.

Weiter westlich sprechen bereits Farbgläser und Steine. In Hamburg wurde in der Nacht zum Freitag das Haus des Technikchefs der Lufthansa attackiert. Erst am Montag waren Steine und Farbbehälter gegen ein Hamburger Luxushotel geflogen. In beiden Fällen vermutet der Staatsschutz einen Zusammenhang mit dem G-8-Gipfel.

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