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Politik: Besonderes Kennzeichen: alle

Einige Länder wollen offenbar Nummernschilder von fahrenden Autos erfassen – noch ist das allerdings verboten

Nie war es leichter, Straftäter zu fassen. Ein Knopfdruck genügt, dann schaltet die Kameralinse scharf, erspäht ein Autokennzeichen, zerlegt es in digitale Informationen, gleicht es in einer Datenbank ab – und wenn das Auto gestohlen ist oder einem gesuchten Verbrecher gehört, blinkt ein Lämplein.

Das neue System, das mehrere deutsche Hersteller bereits zur Serienreife entwickelt haben, hat der Thüringer Regierung jüngst Probleme bereitet, weil ein Testlauf in einem Tunnel nicht gleich als solcher erkennbar war. Doch neben Thüringen haben auch Bayern und Hessen schon Erfahrungen mit der Kennzeichenerfassung im fließenden Verkehr gesammelt, mit Erfolg: In Bayern brauste sogleich ein unterschlagener Sportwagen vorbei. Der „Spiegel“ berichtet nun, auch Niedersachsen und Baden-Württemberg planten die Überwachung.

Eine Hürde gilt es noch zu überwinden. Die Kennzeichenerfassung ist nicht erlaubt – und was in einem für die Grundrechte so sensiblen Bereich nicht ausdrücklich erlaubt wird, ist verboten. Sicherheitsexperten, berichtet der „Spiegel“, hielten solche Maßnahmen „für Fahndungszwecke“ bereits nach der Strafprozessordnung für zulässig. Die Erlaubnis deckt jedoch nicht ein breites Scannen des Verkehrs in der Hoffnung, dort irgendeinen Straftäter oder ein gestohlenes Auto zu entdecken. Darauf weist der neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, gegenüber dem Tagesspiegel am Sonntag hin. „Die Strafprozessordnung reicht dafür nicht aus“, sagt Schaar, da sie solche Maßnahmen nur in Einzelfällen bei einem konkreten Tatverdacht erlauben könne. Sollten die Systeme als Maßnahme zur Gefahrenabwehr installiert werden, so seien dafür Änderungen in den Polizeigesetzen der Länder zwingend notwendig, betont Schaar. „Ich bin da sehr skeptisch“, sagt der Datenschützer zu den Plänen der Länder.

Tatsächlich lassen die Polizeigesetze der Länder Video-Überwachungen nur beschränkt zu, etwa an Plätzen, an denen sich Straftaten häufen, oder bei öffentlichen Veranstaltungen. Im bayerischen Landtag gab es deshalb im April einen Vorstoß mehrerer CSU-Abgeordneter, das Polizeiaufgabengesetz zu ändern. Innenminister Günther Beckstein hatte zuvor mehrere Geräte testen lassen – erfolgreich, wie er fand. Schließlich eigneten sie sich auch für eine Verknüpfung mit Tempokontrollen. Bayerns Datenschutzbeauftragter hatte keine Bedenken, solange nicht automatisch etwa jeder Einreisende überprüft würde. Ein „Ringalarm“, etwa für die Fahndung nach einem Bankraub, sei mit dem System nach geltendem Recht möglich. Der Entwurf verschwand dennoch angesichts nahender Landtagswahlen wieder in der Schublade. Kein Wunder, gerade an den Grenzen sollten die Kontrollen der Gesetzesbegründung zufolge verschärft werden.

Datenschützer wie Schaar sähen es lieber, wenn die Landesparlamente davon die Finger ließen. „Dies ist der Ausdruck einer allgemeinen Tendenz, personenbezogene Daten schon im Vorfeld zu erfassen – auch bei Personen, die nicht ansatzweise unter einem Verdacht stehen“, kritisiert er. Schaar sieht zwar „keinen allzu tiefen Eingriff“ in die Rechte der Bürger darin, wenn Kennzeichen, die keine Fahndungshinweise enthielten, sofort wieder gelöscht würden. Das Problem sei aber, dass mit den Erfassungsgeräten und deren Vernetzung „eine Infrastruktur aufgebaut werde, die weit tiefer gehende Eingriffe ermöglicht“.

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