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Politik: Betriebskrankenkassen sollen keine neuen Mitglieder werben dürfen - Osthilfe wird erweitert

SPD und Grüne wollen den Wettbewerb unter den Krankenkassen einschränken. Das sieht nach Informationen des Tagesspiegels ein Änderungsantrag zur geplanten Gesundheitsreform vor, auf den sich beide Parteien verständigt haben.

SPD und Grüne wollen den Wettbewerb unter den Krankenkassen einschränken. Das sieht nach Informationen des Tagesspiegels ein Änderungsantrag zur geplanten Gesundheitsreform vor, auf den sich beide Parteien verständigt haben.

Konkret geht es um die Betriebskrankenkassen (BKK), die künftig einem "Errichtungs- und Öffnungsmoratorium" unterliegen. Bis Ende des Jahres 2000 dürfen keine neuen BKK entstehen, und die bestehenden BKK keine neuen Mitglieder werben. "Das ist für uns unzumutbar", sagte Gerda Uhlmann-Strack vom BKK-Verband. Gerade SPD und Grüne hätten in der Vergangenheit die Wahlfreiheit und den Wettbewerb unter den Kassen gefördert: "Jetzt folgt eine Drehung um 180 Grad."

Der Grund der Regelung: Die Ersatzkassen bemängeln seit langem, dass die BKK ihnen junge Mitglieder abwerben. Mit dem Änderungsantrag schwenken SPD und Grüne jetzt auf deren Argumente ein. Tatsächlich lag der Durchschnittsbeitrag der 341 Betriebskrankenkassen Anfang September in Westdeutschland bei 12,7 Prozent, der Durchschnittsbeitrag aller Krankenkassen in den westlichen Bundesländern bei 13,5 Prozent. Im Osten betragen die entsprechenden Beitragsätze 13 und 13,9 Prozent.

Auch bei einzelnen Abgeordneten der Fraktionen stößt nach Informationen des Tagesspiegels die Lösung auf Kritik. Sie sei jedoch Teil eines Kompromisses gewesen, heißt es. Insbesondere der Sozialpolitiker Rudolf Dreßler (SPD) habe auf das Moratorium gedrängt. Ohne eine solche Regelung sei die geplante Milliardenhilfe für die Ostkassen gefährdet gewesen, heißt es in Koalitionskreisen.

Gesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) will die mit über zwei Milliarden Mark verschuldeten Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg im kommenden Jahr mit 1,3 Milliarden Mark unterstützen. Gleichzeitig will sie die Rechtsunterschiede zwischen Ost und West einebnen. Die Sozialdemokraten haben aber noch Änderungsbedarf an dem Plan der Ministerin. So sollen auch andere notleidende Kassen von den Milliarden profitieren, möglicherweise könnte auch das Land Berlin Gelder beanspruchen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Gudrun Schaich-Walch, verteidigte das Moratorium für die Betriebskrankenkassen. Dies sei noch "kein Präjudiz für eine generelle Reform der Krankenkassenorganisation". Man habe nur "generelle Verwerfungen" unter den Kassen verhindern wollen, sagte Schaich-Walch.

Der Bundestag will die Gesundheitsreform Anfang November verabschieden. Der Bundesrat muss dem Gesetz jedoch in weiten Teilen zustimmen, dort ist die Koalition jedoch auf die Stimmen der Union angewiesen.

CDU und CSU haben jedoch mehrfach betont, dass sie die Reform in der vorliegenden Form blockieren würden. Auch unionsregierte Ostländer wie Thüringen wollen eine Veränderung - obwohl sie von der Hilfe für die Ostkassen profitieren würden.

Andreas Hoffmann

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