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Politik: Bündnis-für-Arbeit: Zu viele Baustellen für den Kanzler

Heute kommt in Berlin erneut die Bündnis-für-Arbeit-Runde zusammen. Im Vergleich zum Rambazamba bei der Veranstaltung im Januar geht es diesmal allerdings beschaulicher zu.

Heute kommt in Berlin erneut die Bündnis-für-Arbeit-Runde zusammen. Im Vergleich zum Rambazamba bei der Veranstaltung im Januar geht es diesmal allerdings beschaulicher zu. Das liegt vor allem an der Tagesordnung: Ein bisschen Palaver über die Wirtschaftsentwicklung, eine Analyse des Ausbildungsmarktes, Weiterbildung und Arbeitszeitkonten stehen auf dem Programm von Gerhard Schröders Konsensgruppe. Die Gewerkschaften werden wieder mosern, dass die Arbeitgeberfunktionäre ihre Lehrstellenzusage nicht eingehalten haben und entsprechend für diese Saison zusätzliche Ausbildungsplätze fordern. Um etwas Dampf aus dieser Debatte zu nehmen, hat die Regierung bereits am vergangenen Freitag eine positive Zwischenbilanz zur Lage am Ausbildungsmarkt gezogen. Ein Jahr nach dem im Bündnis vereinbarten Ausbildungskonsens seien "erste Erfolge" unübersehbar. Mit 631 000 Ausbildungsverträgen habe die Wirtschaft das Vorjahresniveau um 18 500 übertroffen.

Die Arbeitgeber hätten gerne am Bündnistisch über Vermögensbildung inklusive Mitarbeiterbeteiligung geredet, doch die Vorarbeiten der Bundesregierung waren noch nicht ausgereift genug, wie DGB-Vize Heinz Putzhammer sagt. Die Regierung sei derzeit auf "zu vielen Baustellen tätig", erst wenn Steuer- und Rentenreform unter Dach und Fach seien, könne die Vermögensbeteiligung angegangen werden - "für uns ein zentrales Thema", sagt Putzhammer, "aber gegenwärtig noch nicht". Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl, hält Vereinbarungen über eine bessere Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital im Bündnis für erforderlich - besonders bei einer eher erfolgsabhängigen Entlohnung, wie sie die Arbeitgeber seit langem verlangen. Die Gewerkschaften tun sich schwer damit, letztlich fixe Entgelte teilweise gegen variable, an den Ertrag des Unternehmens gekoppelte Entlohnung einzutauschen. Und nicht zuletzt müsste die Regierung erklären, wie sie den Ausbau der betrieblichen Vermögensbildung fördern will. Aber auch hier gilt: Solange die Frage der Förderung der privaten Altersvorsorge im Rahmen der Rentenreform nicht beantwortet ist, sind keine Fortschritte auf der betrieblichen Ebene in Sicht.

DIHT-Präsident Stihl würde es begrüßen, wenn die Reform der Mitbestimmung zum Bündnis-Thema gemacht würde, konkret die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Doch auch hier ist die Strategie des Kanzlers: Erst mal die Großreformen durchbringen - und dabei insbesondere den Widerstand der Gewerkschaften gegen die Rentenreform aushalten - und sich dann auf ein neues Spielfeld wagen, wo wiederum Ärger mit den Gewerkschaften programmiert ist.

Das Thema Verknüpfung von flexibler Arbeitszeit und Weiterbildung steht heute auf der Tagesordnung. Da gibt es auch kaum Dissens. Putzhammer zufolge will der DGB den "Übergang zur Wissensgesellschaft" durch eine "Qualifizierungsoffensive" beschleunigen. Die Arbeitsteilung zwischen den Bündnis-Teilnehmern sieht dabei für den DGB folgendermaßen aus: Die Betriebe bauen die Aus- und Weiterbildung aus, die Arbeitnehmer legen Arbeitszeitkonten an, um diese Zeitguthaben in Qualifizierung zu investieren, und die Politik fördert die Besetzung der während der Bildungsmaßnahmen freien Stellen mit Arbeitslosen. In dem Kontext wollen sich die Bündnis-Teilnehmer auch mit den Möglichkeiten der Job-Rotation respektive deren Förderung befassen. Für die Gewerkschaften ein Kernproblem ist der Wert der angesparten Arbeitszeit im Falle einer Unternehmenspleite. Vielleicht kommt die Bündnis-für-Arbeit-Runde wenigstens in diesem Punkt zu einem Ergebnis.

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