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Die UN-Blauhelmtruppe im Südsudan versucht im ganzen Land etwa 200 000 intern vertriebene Menschen zu schützen und zu versorgen. Das ist schwierig, weil die Regierungstruppen die Lebensmittellager geplündert haben.

© Adriane Ohanesian/REUTERS

Bürgerkrieg im Südsudan: Neue Truppen, aber kein Frieden im Südsudan

Seit einem Monat wird wieder gekämpft. Der Friedensprozess ist endgültig ins Stocken geraten, nachdem Präsident Salva Kiir seinen Vize Riek Machar zum zweiten Mal gefeuert hat. Die Opposition ist nun gespalten.

Eine regionale Schutztruppe soll den Konflikt im Südsudan nun in den Griff bekommen. Das beschlossen die ostafrikanischen Staats- und Regierungschefs der Regionalorganisation Igad am Wochenende. 4000 Soldaten sollen die Flüchtlinge, die Hilfsorganisationen und die Gruppe, die den Friedensprozess überwachen soll, schützen. Die Details müssen mit der Regierung in Juba allerdings noch ausgehandelt werden. Sie soll aber nicht, den vor zwei Wochen erneut gefeuerten ehemaligen Vizepräsidenten Riek Machar in die Hauptstadt Juba zurückbringen. Von dort war Machar nach dem Ausbruch neuer Kämpfe vor genau einem Monat geflüchtet. Wo er sich aufhält, ist nicht bekannt.
Der Präsident des Südsudan, Salva Kiir, hat nicht lange gewartet, ob Machar wieder auftaucht. Er hat ihn kurzerhand durch Taban Deng ersetzt, der sich von der mit Machar verbundenen SPLA-IO abgespalten hat. Die SPLA ist die nach der Unabhängigkeit des Landes zur regulären Armee erklärte frühere Guerilla- Truppe, die 20 Jahre lang gegen die Regierung in Khartum gekämpft hatte, IO bedeutet „in Opposition“. Taban Deng hat jetzt Truppen um sich versammelt, die als „SPLA-IO in der Regierung“ ihre Rolle in dem Konflikt zu finden versucht. Deng vertrat den Südsudan beim Igad-Gipfel.

Ein neues Mandat für die UN-Blauhelme

Zudem soll die UN-Friedenstruppe Unmiss ein noch robusteres Mandat bekommen. Das beschloss der UN-Sicherheitsrat am Freitag. Wie das Mandat genau aussehen soll, wird er am kommenden Freitag beschließen. Allerdings hat Unmiss bisher schon ein Mandat unter „Kapitel 7“, das ihr den Waffeneinsatz ermöglicht. Unmiss ist seit dem Beginn des neuen Bürgerkriegs 2013 vor allem damit beschäftigt, etwa 200 000 intern vertriebene Menschen in Lagern in unmittelbarer Nähe zu den Unmiss-Stützpunkten vor Angriffen zu schützen. Und selbst damit ist die Truppe oft genug überfordert. Die UN hat gerade einen neuen Bericht darüber vorgelegt, dass mehr als 100 Frauen in unmittelbarer Nähe zu den Camps von Regierungstruppen (SPLA) vergewaltigt worden seien. Die Regierung weist diese Berichte zurück. Die „Sudan Tribune“ zitiert einen SPLA-General, der meint: „Nicht ein einziges Wort davon ist wahr.“
Henrik Maihack, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Juba, konnte bisher nicht in die Hauptstadt zurückkehren. Er hofft derzeit in Kampala darauf, dass sich die Lage wieder beruhigt. Er sieht in den Beschlüssen zu neuen Truppen lediglich eine „Bekämpfung von Symptomen“. Es werde dringend „ein Neuanlauf für eine politische Lösung gebraucht“, sagt er. Der ist mit der Spaltung der Opposition nicht leichter geworden. Und Maihack sieht „auf allen Seiten“ kaum Akteure, „die eine deeskalierende Rolle spielen“.

Die Helfer können kaum noch arbeiten

Darunter leiden auch Hilfsorganisationen wie Oxfam. Die Organisation unterhält sieben „Feldbüros“ im ganzen Land und ein Koordinierungsbüro in der Hauptstadt Juba. Als die Kämpfe im Juli wieder begannen, hat Oxfam – wie die meisten Hilfsorganisationen – seine ausländischen Mitarbeiter aus dem Land herausgeholt. Von den in Juba verbliebenen lokalen Oxfam-Mitarbeitern trauen sich viele kaum noch aus dem Haus. „Sie müssen immer befürchten, mit der falschen Ethnie am falschen Ort unterwegs zu sein“, sagt Ulrich Wagner, der die Region Ost- und Zentralafrika für Oxfam betreut. Gekämpft wird inzwischen wieder fast im ganzen Land. Dort werde die Arbeit für Oxfam immer schwieriger, sagt Wagner. Denn „die Nachschubkette ist unterbrochen“. Die Regierung bestehe darauf, dass alle Hilfsgüter über Juba ins Land gebracht würden. Es gebe dann aber in vielen Fällen keine Starterlaubnis oder Überflugerlaubnis, um die Hilfsgüter in die bedürftigen Landesteile weiterzutransportieren.

Er nennt ein Beispiel: So könnten die Mitarbeiter in Wau sich zwar um die Bedürftigen innerhalb der Stadt kümmern. Aber zu den rund 80 000 Vertriebenen, die außerhalb der Stadt Zuflucht gesucht haben, „bekommen wir keinen Zugang“, bedauert er. Besonders dramatisch für Oxfam und andere Hilfsorganisationen ist es aber, dass sie noch nicht einmal mehr die eigenen Mitarbeiter versorgen können. Das ist in Regionalbüros wie in Jonglei besonders bitter, wo es kaum Möglichkeiten gibt, sich auch nur mit Nahrung einzudecken.

Dazu kommt, dass in den provisorischen Flüchtlingscamps die Cholera ausgebrochen ist. Normalerweise ist Cholera behandelbar, „an einem gut gemanagten Choleraausbruch stirbt etwa ein Prozent der Patienten, aber im Südsudan liegt die Sterblichkeit derzeit bei 30 bis 40 Prozent“. Das zeige, „wie geschwächt die Menschen nach drei Jahren Bürgerkrieg“ seien. „Dass die Menschen das überlebt haben zeigt, wie kreativ sie dabei sind, Wege zu finden“, sagt Wagner anerkennend. Sie seien Experten im Überleben.
Derzeit macht er sich viele Gedanken darum, wann er die 40 internationalen Oxfam-Mitarbeiter wieder nach Juba schicken kann. Eine kleine Vorhut ist in der vergangenen Woche schon einmal angereist. Da die Regierung die UN-Friedenstruppe Unmiss aber mit wachsender Feindseligkeit sieht, schadet das auch allen anderen westlichen Helfern, hat Wagner festgestellt.

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