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Bulgarien: Gehäutete Kommunisten an der Macht

Der Misserfolg hat BSP kaum geschadet - trotz "Revolution". Auch nach den Parlamentswahlen im Juni könnte sie wieder in der Regierung mitmischen.

„Uns regieren heute dieselben Leute wie vor dem 10. November 1989.“ Das ist eine in Bulgarien häufig geäußerte politische Einschätzung. Tatsächlich üben die höchsten Staatsämter seit Sommer 2005 mit Staatspräsident Georgi Parvanov, Parlamentspräsident Georgi Pirinski und Ministerpräsident Sergej Stanischev Mitglieder jener Partei aus, die Anfang 1990 zum Zeichen ihrer Demokratisierung ihren Namen von Bulgarische Kommunistische Partei (BKP) in Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) änderte.

Die Entmachtung von Staats- und Parteichef Todor Schiwkow einen Tag nach dem Fall der Berliner Mauer war das Werk einer von den ZK-Mitgliedern Peter Mladenov und Andrej Lukanov angezettelten Palastrevolution. Bei den ersten freien Wahlen im Juni 1990 gewannen die zu Sozialisten gewendeten Post-Kommunisten mit 48 Prozent der Stimmen 13 Prozentpunkte mehr als die rechte Union demokratischer Kräfte (SDS) und stellten mit Andrej Lukanov den Ministerpräsidenten. Allerdings gelang es Lukanovs BSP in der politisch und wirtschaftlich krisenhaften ersten Hälfte der 90er Jahre ebenso wenig wie der rechtsgerichteten SDS, ihre Macht zu stabilisieren. Häufige Regierungswechsel folgten.

Als Bulgariens eigentliche „Revolution“ gilt der vom Volkszorn erzwungene Rücktritt des sozialistischen Kabinetts von Jean Videnov im Dezember 1996, als sich das Land nach einem Bankencrash mit einhergehender Hyperinflation am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds befand. Als SDS-Ministerpräsident Ivan Kostov ab Frühjahr 1997 mithilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) erste tiefgreifende marktwirtschaftliche Reformen einleitete, hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass die BSP nur acht Jahre später wieder die stärkste politische Kraft im Lande sein würde.

Obwohl ihr Image durch die von vielen Korruptionsskandalen geprägte Amtsführung der Regierung Stanischev seit Sommer 2005 arg gelitten hat, rangiert die BSP heute in Meinungsumfragen mit rund 20 Prozent an zweiter Stelle hinter der neugegründeten Partei Bürger für ein Europäisches Bulgarien (GERB) des Sofioter Bürgermeisters Boiko Borissov. Auch nach den Parlamentswahlen im Juni könnte sie wieder in der Regierung mitmischen.

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