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Wer baut und finanziert die Fernstraßen?

© dpa

Bundesfernstraßengesellschaft: SPD widerspricht Plänen von Wolfgang Schäuble

Der Finanzminister will dem Bund ermöglichen, Anteile an der geplanten Fernstraßengesellschaft an private Kapitalgeber zu verkaufen. Diese Form der Privatisierung wollen die Sozialdemokraten nicht.

In der Koalition bahnt sich ein Streit um die Ausgestaltung der geplanten Infrastrukturgesellschaft Verkehr an. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will zwar keine direkte Privatisierung der Bundesautobahnen und Bundesstraßen, wie aus dem am Dienstag bekanntgewordenen Gesetzentwurf zur Gründung dieser Gesellschaft hervorgeht. Das Eigentum an den Autobahnen und Bundesstraßen des Fernverkehrs soll „unveräußerlich“ beim Bund bleiben, heißt es in der Neufassung des Artikels 90 im Grundgesetz. Doch will Schäuble, dass die neue Bundesgesellschaft zur Planung und zum Bau der Fernstraßen privatrechtlich organisiert ist – und die Möglichkeit offen halten, dass der Bund irgendwann Anteile daran an private Kapitalgeber, etwa Versicherungen oder Finanzinvestoren verkauft. Im Finanzministerium stellt man sich idealerweise eine Aktiengesellschaft vor. Vorbild sind die Deutsche Post, die Deutsche Telekom und die Deutsche Bahn AG. Es ist aber nicht geplant, eine Teilprivatisierung schon jetzt auf den Weg zu bringen. Die Gesellschaft soll nicht Eigentümerin der Straßen werden, sondern deren Bau und Betrieb in Konzession übernehmen.
Widerspruch kam am Dienstag postwendend aus der SPD-Fraktion. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Christine Lambrecht sagte, eine Änderung des Grundgesetzes werde es nur geben, „wenn sowohl das hundertprozentige Eigentum des Bundes an den Bundesfernstraßen wie auch an der Gesellschaft festgeschrieben wird“. Zudem müsse geprüft werden, ob die Gesellschaft nicht besser öffentlich-rechtlich organisiert werde statt privatrechtlich. Der Unterschied ist bedeutend für den Einfluss, den die Politik, vor allem der Bundestag, auf die Gesellschaft hat – eine privatrechtliche Gesellschaft, zumal eine Aktiengesellschaft, ist schwerer zu kontrollieren und zu lenken als eine öffentlich-rechtliche.

Einige Bundesstraßen übernimmt der Bund auch

Schäuble und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatten ursprünglich nur die Autobahnen in die Gesellschaft einbringen wollen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wollte dagegen auch Bundesstraßen einbeziehen. Im Gesetzentwurf, der schon am 8. Dezember ins Kabinett soll, ist nun festgelegt, dass neben den Autobahnen auch die „autobahnähnlichen Bundesstraßen außerhalb geschlossener Ortslagen mit unmittelbarer Anbindung an Bundesautobahnen“ in die Regie der Gesellschaft kommen sollen. Nach Informationen des Tagesspiegels bezieht sich die etwas sperrige Formulierung auf die Bundesstraßen, auf denen bisher schon die Lkw-Maut erhoben wird. Diese mautpflichtigen Bundesstraßen haben eine Länge von knapp 1200 Kilometern. Zusammen mit den knapp 13000 Kilometern Autobahn würde der Bund demnach künftig 14200 Straßenkilometer in Eigenregie übernehmen. Den Ländern, die bisher alle Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes verwalten, bliebe das Netz der Bundesstraßen ohne Maut, insgesamt etwa 37400 Kilometer. Das Ende der Auftragsverwaltung hatten Bund und Länder im Oktober im Rahmen der Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich vereinbart.

Rechnungshof skeptisch zu ÖPP

Unabhängig von der Konstruktion der künftigen Bundesfernstraßengesellschaft ist die Frage, in welchem Umfang bei Planung, Bau und Betrieb öffentlich-rechtliche Partnerschaften (ÖPP) zum Zuge kommen. Diese Form der Privatisierung auf Zeit (meist mehrere Jahrzehnte) wird schon jetzt beim Autobahnbau genutzt, das Bundesverkehrsministerium vergibt dabei immer längere Teilstrecken in ÖPP. Für Finanzinvestoren sind sie interessant, weil sie langfristige Renditen garantieren. Ein starker Verfechter von ÖPP ist auch Gabriel.

Bundesrechnungshofpräsident Kay Scheller hat jedoch erhebliche Zweifel, ob diese Form der Finanzierung und des Betriebs sinnvoll ist. „Privates Kapital darf nur dann eingebunden werden, wenn es für den Bund wirtschaftlich ist und den Steuerzahler nicht belastet“, sagte Scheller am Dienstag. „Ob unter diesen Voraussetzungen die Renditeerwartung der Privatwirtschaft immer erreicht werden kann, das bleibt abzuwarten.“ Scheller wies darauf hin, dass von den sechs öffentlich-rechtlichen Partnerschaften (ÖPP), die der Bundesrechnungshof bisher geprüft hat, fünf nicht wirtschaftlich gewesen seien. Die Projekte wären ohne Auswirkung auf die Qualität bei konventioneller Umsetzung in rein staatlicher Regie günstiger gewesen. Zumindest in der aktuellen Niedrigzinsphase seien ÖPP-Projekte nicht von Vorteil. Der Staat könne sich derzeit sehr billig Geld leihen. Wieso er sich dann für den Straßenbau das Geld teurer beschaffen wolle, „das ist nicht einzusehen“, sagte Scheller.

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