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Bundestagsdebatte: Polizeiausbildung in Afghanistan ist "katastrophal"

Die aktuelle Stunde im Bundestag geriet zu einem Feuerwerk der Kritik über die Polizeiausbildung in Afghanistan. Zum eigentlichen Thema - der möglichen Ausweitung des deutschen Einsatzes am Hindukusch - blieben die Aussagen dagegen nur vage.

In der Bundestagsdebatte über den deutschen Afghanistan-Einsatz haben am Donnerstag in seltener Einmütigkeit alle Fraktionen das Engagement für die Polizeiausbildung in dem Land als katastrophal bezeichnet. Der CDU-Abgeordnete Bernd Schmidbauer schlug vor, in Deutschland Afghanen zu Spezialisten auszubilden, die dann die Polizei im eigenen Land aufbauen könnten. Die sogenannte Aktuelle Stunde des Bundestags hatten die Linken beantragt, um die Haltung der Regierung zu einer Ausweitung des Bundeswehrweinsatzes zu klären.

Der CDU-Parlamentarier Schmidbauer sagte, die Situation der Polizeiausbildung in Afghanistan werde immer schlechter, seitdem die Europäische Union (EU) die Verantwortung dafür übernommen hat. Sie will bis März 195 Kräfte schicken. Mit Blick auf das EU-Engagement sagte Schmidbauer: "Ein Dreck hat sich hier positiv entwickelt." Der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold erklärte, die deutschen Innenminister seien aufgerufen, ihre Verantwortung zu sehen.

Deutschland hatte im vorigen Jahr 40 Polizisten im Einsatz. Derzeit sind es nach Angaben des Bundesinnenministeriums 23 Mann. Deutschland will bis zu 60 Polizisten schicken, teilte ein Ministeriumssprecher mit. "Wir stehen bereit und können das Engagement auch noch ausweiten". Darüber entscheide aber die EU.

Hinhaltende Worte zur Ausweitung des deutschen Einsatzes

Zum eigentlichen Thema der Debatte - der möglichen Ausweitung des deutschen Afghanistan-Einsatzes - sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser (SPD), für Spekulationen sei es noch zu früh. Die weitere Entwicklung muss abgewartet werden. Bei der Afghanistan-Konferenz im Juni in Paris werde "Halbzeitbilanz" gezogen. SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow sagte, die Regierung müsse mit den internationalen Partnern beraten und sagen, "wie möglicherweise ein Mandat weiterentwickelt werden muss". Das Parlament werde das dann beurteilen.

Im Verteidigungsministerium wird an einem Vorschlag für den Bundestag gearbeitet, im Herbst die Zahl der Soldaten von 3500 auf 4500 aufzustocken. Der Sprecher des Ministeriums hatte das dementiert. Ressortchef Franz Josef Jung (CDU) bat um Verständnis dafür, dass er sich zum künftigen Mandat derzeit nicht äußern will.

FDP-Fraktionsvize Birgit Homburger sagte im Bundestag, Gerüchte förderten die Skepsis. Das Ministerium verfolge das Prinzip "ausweichen, ausreden, verschleiern". Das müsse aufhören. Grünen- Fraktionsvize Jürgen Trittin sagte, die Bundesregierung erkläre, sie wolle einen Strategiewechsel mit dem Schwerpunkt des zivilen Wiederaufbaus. In der direkten Diskussion mit USA und NATO wie am vergangenen Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz stehe sie dann aber nicht dazu. "Sie haben dazu nicht einmal den Mors in der Hose, für diesen Strategiewechsel in München zu streiten."

Grünen-Antrag abgelehnt

Paul Schäfer von der Linken kritisierte das Vorhaben der Regierung, wonach der Bundestag im Herbst das Mandat für die Bundeswehr für Afghanistan nicht für zwölf, sondern für 18 Monate verlängern soll, um es aus dem Wahljahr 2009 herauszuhalten. Die Mehrheit der Deutschen sei gegen den Einsatz in Afghanistan. Es sei nicht nachvollziehbar, warum sie dann nicht mit der Bundestagswahl auch darüber abstimmen solle.

Der Bundestag bekannte sich auch mehrheitlich zur weiteren Beteiligung der Bundeswehr an der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF). Mit den Stimmen aller anderen Fraktionen wurde ein Antrag der Grünen abgelehnt, sich weiter an der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF zu beteiligen, aber das deutsche OEF-Engagement zu beenden. (ut/dpa)

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