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CDU-Chef Armin Laschet hat sich gegen einen Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei gegenüber der konservativen Werte-Union ausgesprochen.

© dpa/Bernd von Jutrczenbka

Laschet gegen Unvereinbarkeitsbeschluss für Werte-Union: „Wir reden über ein Phänomen, das keinen Einfluss auf den Kurs der CDU hat“

Ein Vize von Werte-Unions-Chef Max Otte war 1990 angeklagt, Funktionär von Neonazikameradschaften zu sein. Otte hält zu ihm. CDU-Politiker schlagen Alarm.

Der neu gewählte Vorsitzende der konservativen Werte-Union Max Otte steht wegen seiner Nähe zur AfD stark in der Kritik. Nun stellt sich heraus, dass Klaus Dageförde, einer seiner drei Stellvertreter, die am vergangenen Wochenende gewählt wurden, der rechten Szene nahezustehen scheint.

Neben seinem Posten bei der Werte-Union hat dieser noch ein weiteres Amt inne: Dageförde ist Vizevorsitzender des Vereins „Bürgerlich-Freiheitlicher Aufbruch e.V. i.G.“, dem auch der Berater Moritz Hunzinger und der aus der AfD ausgetretene Bundestagsabgeordnete Mario Mieruch angehören.

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Jetzt schlagen immer mehr Mitglieder der Union Alarm. „Die CDU sollte auf ihrem nächsten Bundesparteitag einen Unvereinbarkeitsbeschluss für Mitglieder der Werte-Union verabschieden“, sagte Uwe Schummer, Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, dem „Spiegel“. Leute wie Otte hätten „in der CDU nichts zu suchen“. Diese seien „Vertreter völkischer Ideologie und AfD-U-Boote“.

Ähnlich äußerte sich der Europa-Abgeordnete Dennis Radtke. „Ich fände das sehr gut, wenn die CDU auf ihrem nächsten Bundesparteitag nachziehen würde mit einem Beschluss, der die Unvereinbarkeit zu einer Mitgliedschaft in der Werte-Union feststellt.“ Der Unions-Vorsitzende Armin Laschet hatte sich zuletzt deutlich von der Werteunion und ihrem Vorsitzenden Otte distanziert, ein Parteiausschlussverfahren jedoch ausgeschlossen.

CDU-Chef Laschet: Unsinn ist kein Parteiausschlussgrund

„Wir machen Unvereinbarkeitsbeschlüsse ganz selten“ und dann zu Gruppen, die vom Verfassungsschutz beobachtet würden, sagte Laschet am Mittwoch in der ARD-Sendung „Maischberger. Die Woche“, die am Abend ausgestrahlt werden sollte. Wer in die AfD gehe, könne nicht Mitglied der CDU sein - „da brauchen Sie keinen Unvereinbarkeitsbeschluss“. Die Werte-Union sei überbewertet: „Wir reden über ein Phänomen, das keinen Einfluss auf den Kurs der CDU hat.“

Die CDU hatte auf ihrem Parteitag im Dezember 2018 in Hamburg beschlossen, „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland“ abzulehnen. Der Beschluss ist nach wie vor gültig.

Die Werte-Union sei institutionell und organisatorisch nicht mit der CDU verbunden, betonte Laschet. „Wenn ein CDU-Mitglied da (...) die Hand der AfD reichen würde, wäre das ein Grund, ihn aus der CDU zu entfernen.“

Auch ein Ausschlussverfahren gegen Otte lehnte Laschet ab. Ein solches Verfahren müsse rechtsstaatlichen Prinzipien entsprechen. Mit einer Aussage von Otte konfrontiert, der auf einer Demonstration unter anderem gesagt hatte, er wolle eine Diktatur verhindern, sagte Laschet, eine solche Aussage würde in keiner Partei einen Ausschluss rechtfertigen - auch nicht bei der SPD. „So eine Aussage ist Unsinn. Aber Unsinn ist kein Parteiausschlussgrund".

Max Otte wird wegen seiner Nähe zur AfD kritisiert.
Max Otte wird wegen seiner Nähe zur AfD kritisiert.

© dpa/Karlheinz Schindler

Vorwürfe etwa von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil, er sei zu schwach, um eine Rechtsverschiebung der CDU aufzuhalten, konterte Laschet mit den Worten: „Das glaube ich nicht. Die wird aufgehalten. Die wird's nicht geben.“ Auch an seiner Wahl zum CDU-Chef könne man erkennen: „In der Achse wird nichts verschoben.“

Die Werte-Union – ein Verein gegen den „links-grünen Zeitgeist“

Intention des Vereins ist es, „das bürgerliche Lager zusammenzuführen und zu einen, statt weiter zu zersplittern“. Der Verein wirft CDU und FDP vor, sie würden sich „lieber einem grassierenden, links-grünen Zeitgeist anbiedern, als solide, problemlösende Maßnahmen zu erarbeiten und für diese um politische Zustimmung zu werben“. Vom Höcke-Flügel der AfD grenzen seine Mitglieder sich ab.

In der Vergangenheit stand Dageförde politisch jedoch deutlich rechts außen. Wie das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ berichtet, nannte er sich laut Gerichtsakten „Kameradschaftsführer Bamberg“, und „Beauftragter für den Gau Bayern“ mit der Aufgabenwahrnehmung eines „Gausekretärs“.

So steht es in der Anklageschrift des Landgerichts Stuttgart, das einer Reihe von rechtsextremen Angeklagten ab 1990 den Prozess machte. Die Neonazis waren angeklagt, die seit 1984 verbotene Organisation „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA) des verstorbenen Michael Kühnen in Form der „Bewegung“ weitergeführt zu haben.

Über Jahre hinweg wurde der Prozess verschleppt und die Taten schließlich mit Bewährungsstrafen geahndet. Gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ erklärte Dageförde, dass die Anklage gegen ihn schon im Vorfeld des Prozesses fallen gelassen worden sei. Darüber hinaus beteuerte er, auch kein „Kameradschaftsführer Bamberg“ gewesen zu sein, sondern lediglich „zeitweise bis 1988/89 verschiedene Tätigkeiten in diesem rechten Lager unterstützt“ zu haben.

Er will sich jedoch bereits Ende der 80er Jahre „von diesem kompletten Netzwerk überzeugt und geläutert distanziert“ haben. In seiner Funktion als Jobcoach betreue er heute viele Menschen mit Migrationshintergrund und warne stets vor Rechtsextremismus, sagte Dageförde.

Dageförde gab an, „im Rahmen seines Reifeprozesses vieles ausprobiert und dies über die letzten 30 Jahre hinweg sehr bedauert zu haben“. Er erklärte ferner, vor der Wahl zum Vizevorsitzenden der Werte-Union auf seine „Tätigkeit vor 30 Jahren in dem nationalen Lager und Kreis hingewiesen“ zu haben. Kontakte pflege er seither nicht mehr in diese Kreise. Allerdings war Dageförde trotz seiner Distanzierung von der rechten Szene im Jahr 2001 noch einmal aktenkundig geworden: Im Umfeld der „Kameradschaft Hannover-Celle“.

Werte-Union-Chef Max Otte erklärte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, Klaus Dageförde erst vor kurzem kennengelernt und auch mit ihm über dessen politische Vergangenheit gesprochen zu haben. „Herr Dageförde hat in seiner Bewerbungsrede gesagt, dass er vor vielen Jahren kurz in der rechten Szene unterwegs war, dass er aber seit 30 Jahren clean ist und nichts mehr mit der rechten Szene und rechtsextremem Gedankengut zu tun hat“, sagte Otte der Tageszeitung „taz“. „Das reicht mir“.

Diese kurze Zeit betrug laut Dageförde selbst rund zwei bis drei Jahre: „Ich streite nicht ab, dass ich mich in den 80er Jahren zwei oder drei Jahre lang in dieser rechten Szene bewegt habe“, sagte Dageförde der „taz“.

Otte drängt auf offizielle Anerkennung durch die CDU

Otte drängte nun sogar auf eine offizielle Anerkennung durch die CDU. „Wir wollen den Mitgliederstatus haben, der uns erlaubt eine Organisation zu werden“, sagte er dem Deutschlandfunk. Die Voraussetzungen seien gegeben, denn „80 Prozent plus“ der Mitglieder der Werteunion seien auch CDU-Mitglieder, die übrigen seien Mitglieder von CDU-nahen Vereinigungen.

Den Vorwurf der AfD-Nähe wies der neue Chef der Werte-Union zurück. Allerdings hatte er selbst zur Bundestagswahl 2017 gesagt, dass er die AfD wähle. Im Deutschlandfunk sagte er nun: „Ich bin seit 30 Jahren CDU-Mitglied, habe nie an einen Parteiaustritt gedacht.“ Abgrenzungen zu anderen Parteien halte er allerdings für falsch. Kritisch äußerte er sich zur Beobachtung der sogenannten Querdenker durch den Verfassungsschutz, der in dieser Frage „politisch instrumentalisiert“ sei.

Die Tatsache, dass Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen seine Mitgliedschaft in der Werteunion vorerst ruhen lasse, hat in den Augen von Otte mit seinem Wahlkampf in Sachsen-Anhalt zu tun. Er sei sicher, dass Maaßen seine Mitgliedschaft wieder aufnehmen werde.

Seine Wahl der AfD 2017 begründete Otte damit, dass „ich Angela Merkel nicht wählen kann“. Dieses „Problem“ stelle sich aber ja bei der Bundestagswahl im Herbst nicht. Die Werteunion wirft Bundeskanzlerin Merkel vor, die CDU nach links gerückt zu haben. (Tsp/dpa)

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