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Aktuelle Bilder fehlen. Am 30. August zeigte sich der designierte chinesische Präsident Xi JinpingChina noch im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© dpa

China: Das Verschwinden des Xi Jinping

Chinas Vizepräsident taucht plötzlich ab – ein Zeichen für einen Machtkampf hinter den Kulissen?

Knapp zwei Wochen, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel den designierten chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Peking getroffen hat, kommt dieser Begegnung eine noch größere Bedeutung zu. Denn Angela Merkel ist eine der letzten ausländischen Personen, die Chinas Vizepräsidenten gesehen hat. Anlässlich der zweiten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen saßen die beiden in der Großen Halle des Volkes und unterhielten sich rund 30 Minuten lang. Kurze Zeit später ist Xi Jinping verschwunden.

Am Dienstag waren es schon zehn Tage, in denen er nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten ist. Stattdessen sagte der 59-Jährige geplante Treffen mit US-Außenministerin Hillary Clinton, dem Premierminister von Singapur und der dänischen Ministerpräsidentin ab. Auch bei der Nothilfe-Sitzung der Militärkommission am Samstag anlässlich der beiden Erdbeben in Südwestchina fehlteXi Jinping, obwohl er deren Vizevorsitzender ist. Bisher gab es von der chinesischen Regierung nach der Absage des Clinton-Treffens nur die Angabe von „Terminproblemen“ und die Ermahnung des chinesischen Außenministers Yang Jiechi an die Journalisten, „unnötige Spekulationen“ zu vermeiden.

Genau das passiert natürlich, wenn der designierte Chef der Kommunistischen Partei und künftige Präsident plötzlich von der Bildfläche verschwindet. Vor allem im chinesischen Internet auf dem Kurznachrichtendienst Weibo wird wild spekuliert. Die wildeste Vermutung stammt von der in den USA beheimateten chinesischsprachigen Seite „boxun.com“. Nach Aussagen ungenannter Pekinger Quellen seien der Vizepräsident und der ebenfalls verschwundene Vorsitzende der Disziplinkommission der Kommunistischen Partei He Guojiang bei zwei absichtlich herbeigeführten Autounfällen verletzt worden. Die Attentäter seien Anhänger des über die Mordaffäre seiner Frau gestürzten Chongqinger Parteichefs Bo Xilai gewesen. „Boxun.com“ zog diesen Bericht nach einigen Stunden zurück.

Plausibler erscheint, was die Nachrichtenagentur Reuters und die „South China Morning Post“ übereinstimmend melden. „Xi Jinping hat sich beim täglichen Schwimmen am Rücken verletzt“, berichtete eine ungenannte regierungsnahe Quelle der nicht der chinesischen Zensur unterworfenen Hongkonger Zeitung.

Am Dienstag druckte die „Volkszeitung“, das Sprachrohr der Kommunistischen Partei, eine Rede und ein Foto Xi Jinpings. Weil beides vom 1. September stammt, dem Tag seines Verschwindens, blühen die Spekulationen im Internet weiter. Die chinesischen Zensoren unterbinden inzwischen die Suche nach den Begriffen „Xi Jinping“, „He Guojiang“ oder „Rückenverletzung“.

Der Zeitpunkt des Verschwindens, kurz vor dem geplanten Machtwechsel an der Spitze der KP im Herbst, heizt die Verdächtigungen über einen Machtkampf innerhalb der Kommunistischen Partei weiter an. Und die Kommunistische Partei Chinas will offenbar auch im 21. Jahrhundert geheimnisvoll und undurchsichtig bleiben. Dafür spricht auch, dass es weiterhin keinen offiziellen Termin für den 18. Parteitag und den mit ihm verbundenen Machtwechsel gibt. In diesem Zusammenhang erscheint die Erklärung des Politikprofessors David Zweig von der Universität Hongkong für das Schweigen der chinesischen Regierung am plausibelsten. „Wahrscheinlich hat er ein paar Gesundheitsprobleme, aber sie wollen es die Öffentlichkeit nicht wissen lassen, weil sie glauben, dass es wichtig ist, das Image eines starken, gesunden Führers zu präsentieren, der China in die Zukunft führt.

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