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Politik: China soll Italien retten

Wie die Regierung in Rom an dringend benötigtes Geld kommen will

Es ist nicht so, dass Italien seine Staatsanleihen nicht mehr an den Mann brächte. Am Dienstag gingen wieder einmal 3,86 Milliarden Euro für Anleihen mit fünf Jahren Laufzeit mühelos über den Tresen. Doch der Andrang der internationalen Investoren war schwächer als bisher, die Nachfrage lag nur noch 1,28-mal höher als das Angebot, und die Risikoaufschläge, die Italien bieten musste, stiegen auf Höhen, wie sie seit Anfang August nicht mehr erreicht worden waren. Damals fing die Europäische Zentralbank mit ihren Stützungskäufen an. Deren Effekt, so fürchten Experten, sei heute verbraucht. Gleichzeitig, mitten im Abstimmungsverfahren für das 54,2 Milliarden Euro schwere Sparpaket, schickt Brüssel die Mahnung nach Rom, man möge sich auf neue Einschnitte vorbereiten.

Verständlich also, dass sich Finanzminister Giulio Tremonti nach einem sicheren Hafen umschaut. Er glaubt ihn in Peking gefunden zu haben. Dort wie auch in Rom soll es in den vergangenen zwei Wochen heimliche Gespräche gegeben haben. Tremonti, so schreibt die „Financial Times“, werbe um den Einstieg des chinesischen Staatsfonds CIC sowohl in italienische Staatsanleihen als auch in strategisch wichtige Unternehmen. Im römischen Finanzministerium wird ein Treffen Tremontis mit „chinesischen Investoren“ bestätigt; zum Inhalt aber schweigt man sich aus. Der CIC ist einer der größten Staatsfonds der Welt. An den Schulden Italiens – insgesamt 1,9 Billionen Euro – soll Peking derzeit ungefähr vier Prozent halten.

Tremonti wirbt nicht nur in China, er blickt auch nach Brasilien, Indien, in die Golfstaaten, nach Russland und Südafrika. Und seine Bemühungen ordnen sich in einen viel größeren Rahmen ein. So wächst in Silvio Berlusconis Regierungskoalition, angestoßen von einigen Spitzenbankern, derzeit die Sehnsucht nach einem spektakulären, nachhaltigen Befreiungsschlag. Man könnte ja, so die Idee, die Staatsverschuldung von derzeit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in einem radikalen Kraftakt auf 100 oder gar 90 Prozent drücken.

Das ließe sich demnach erreichen durch eine Vermögensteuer, vor allem aber durch den Verkauf öffentlichen Eigentums an Gebäuden, Ländereien und Konzernen. Tremonti arbeitet angeblich an einem Privatisierungstreffen mit Großinvestoren: Es könnte, so die Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ schon Ende September stattfinden. Was zum Verkauf steht, darüber gibt es nur Spekulationen. Zum Tafelsilber des italienischen Staats gehören die Energieriesen Eni (Agip) und Enel, an denen die öffentliche Hand noch jeweils etwa 30 Prozent hält, dazu die reichen kommunalen Ver- und Entsorgungsunternehmen. Wer die Eisenbahnen oder das Staatsfernsehen haben wollte, ist eine andere Frage; prinzipiell könnten auch sie privatisiert werden. Laut „Il Sole 24 Ore“ kämen über alles gerechnet 400 bis 500 Milliarden Euro zusammen.

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