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Christine Lieberknecht.

© dpa

Christine Lieberknecht: Die brave Landesbürgermeisterin

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat ohne Allüren regiert, aber auch glücklos. Erst im Wahlkampf begann sie zu kämpfen. Möglicherweise zu spät.

Christine Lieberknecht wirkte glücklich am Wahlabend. Wenn alles unklar ist, dann klammert man sich eben an das, was sicher ist – und sicher war am Sonntagabend in Erfurt, dass die CDU wieder stärkste Partei geworden ist. So wie bei allen Wahlen seit 1990. Lieberknecht, seit 2009 Ministerpräsidentin in Thüringen (damals als erste Christdemokratin überhaupt in diesem Amt), ist also Wahlsiegerin. Ob sie weiter regieren kann, das wusste sie allerdings nicht, als sie ihr Glück vor den Kameras kundtat, und so blieb es bis in den späten Abend hinein. „Wir haben von den bisher im Landtag vertretenen Parteien mit Abstand am meisten hinzugewonnen“, freute sie sich. Als Chefin der stärksten Partei sah sie jedenfalls einen Auftrag zur Regierungsbildung.

"Mäßig überzeugend"

Die CDU konnte zulegen, trotz des Durchbruchs der AfD. Am Ende lag das Ergebnis bei 33,5 Prozent. Mehr als 2009, als Lieberknechts Vorgänger Dieter Althaus von 43 auf gut 31 Prozent eingebrochen war, was ihn das Amt kostete. Aber Lieberknecht blieb weit entfernt von früheren Ergebnissen ihrer Partei. Unter Bernhard Vogel, den Lieberknecht mit anderen nach Thüringen geholt hatte, als die Landes-CDU in der Krise war, waren es 1999 sogar 51 Prozent gewesen. Nur „mäßig überzeugend“, so lautete die Analyse der Forschungsgruppe Wahlen, was das Auftreten Lieberknechts als Regierungschefin betrifft. Andererseits ist es ihr gelungen, nach den Abstiegsjahren unter Althaus die CDU wieder zu stabilisieren und das Ansehen der Partei zu festigen.

Auch weil die 56-Jährige ehemalige Pastorin, die schon zu DDR-Zeiten in der CDU war, ein bekanntes Gesicht ist im Land. Lieberknecht war eigentlich immer da seit 1990. Sie war Ministerin, Landtagspräsidentin, Fraktionschefin, war mal sichtbar und dann wieder kaum – eine politische Karriere ohne echte Tiefpunkte, aber auch ohne wirklichen Höhepunkt. Lieberknecht ist durchgekommen in der bisweilen chaotischen Thüringer CDU, fast 25 Jahre lang, obwohl man ihr weder politische Glätte noch ausgesprochene Härte nachsagen kann.

Manchmal entglitten ihr die Zügel

In der Regierungsführung entglitten Lieberknecht gelegentlich die Zügel. Ihre Staatskanzlei war zuletzt in einem chaotischen Zustand. Ein einziger Beamter musste drei der vier Abteilungen leiten. Beim Abgang ihres Regierungssprechers Peter Zimmermann, den sie in den einstweiligen Ruhestand versetzte (samt Pensionsansprüchen), obwohl er in die freie Wirtschaft wechseln wollte, machte sie 2013 eine schlechte Figur. Im Juli verlor sie den Staatskanzleichef Jürgen Gnauck, den sie erst neun Monate zuvor geholt hatte, um Ordnung in die Regierungszentrale zu bringen. Gnauck trat zurück nach Kritik an einem Rechtsstreit, den er gegen das Land wegen Beihilfezahlungen führt. Gnaucks Vorgängerin Marion Walsmann hatte Lieberknecht entlassen, nachdem sich die beiden überworfen hatte.

Die Koalition mit der SPD hat Lieberknecht fünf Jahre lang weitgehend ruhig und ohne Allüren moderiert, wie es ihre Art ist. Lieberknecht ist ausgleichend, sie ist eine Landesbürgermeisterin. Kanten hat sie nicht gezeigt, auch wenn Wahlkampfbeobachter zum Schluss hin erstaunt registrierten, dass es ihr gelang, etwas Kämpferisches in ihre Auftritte zu legen. Bundespolitisch setzte sie wenig Akzente. Als CDU-Landeschefin war sie unangefochten, aber nicht souverän.

Ihr Gegenpol in der Partei ist der quecksilbrige Fraktionschef Mike Mohring, der schon seit längerem erkennbar nach vorn drängt. Kommt es zu Rot-Rot-Grün, könnte er Lieberknecht an der Parteispitze bald verdrängen. Dann hätte die Wahlsiegerin verloren.

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