zum Hauptinhalt

Clearingstellen: Ärzte wollen Korruption bekämpfen

Nach massiven Bestechungsvorwürfen gegen Kliniken und Ärzte wollen deren Organisationen nun gegen illegale Prämien an niedergelassene Mediziner für die Einweisung von Patienten vorgehen. Bei einem Spitzengespräch einigten sie sich auf paritätisch besetzte „Clearingstellen“ in den Ländern zur Prüfung „problematisch empfundener Vertragsangebote“.

Berlin - Nach massiven Bestechungsvorwürfen gegen Kliniken und Ärzte wollen deren Organisationen nun gegen illegale Prämien an niedergelassene Mediziner für die Einweisung von Patienten vorgehen. Bei einem Spitzengespräch einigten sie sich auf paritätisch besetzte „Clearingstellen“ in den Ländern zur Prüfung „problematisch empfundener Vertragsangebote“. Kliniken, die Zuweisungsvergütungen anböten oder zahlten, und Ärzte, die solche Prämien forderten oder kassierten, verstießen gegen gesetzliche und berufsrechtliche Bestimmungen, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Bundesärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Man werde dies „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ verfolgen und ahnden.

Gleichwohl beharrten die Funktionäre darauf, dass die Vorwürfe von Prämienzahlungen in großem Stil „überzogen“ seien. Sie erinnerten daran, dass Ärzte und Kliniken per Gesetz aufgefordert seien, „den Behandlungsprozess gemeinsam zu organisieren und dazu Vergütungsvereinbarungen zu treffen“. Im Übrigen sei die von der Politik vorangetriebene „Kommerzialisierung und übertriebene Wettbewerbsorientierung im Gesundheitswesen“ ebenfalls verantwortlich für die Vorfälle und „wesentliche Ursache des Problems“.

Die Patientenbeauftragte der Regierung, Helga Kühn-Mengel (SPD), wies dies zurück. Es handle sich um „ kriminelle Machenschaften“, die mit der kritisierten Kommerzialisierung im Gesundheitswesen nichts zu tun hätten, sagte sie der „Leipziger Volkszeitung“. Doch einzelne Kassenarzt-Vereinigungen präzisierten ihre Kritik. Viele Verträge zur integrierten Versorgung sähen verdeckte Prämien an Ärzte für die Einweisung von Patienten in bestimmte Häuser vor, sagte der Berliner KV-Vorstand Burkhard Bratzke. Dafür müssten sich die Mediziner verpflichten, die vor- und nachstationäre Betreuung dieser Patienten zu übernehmen. Diese Verträge habe Gesundheitsministerin Ulla Schmidt selbst eingeführt und damit „eine Rechtsgrundlage für solche Zuweiser-Pauschalen geschaffen“.

Die KV habe wiederholt versucht, gegen die verdeckten Prämien vorzugehen, betonte Bratzke. „Wir wollten erreichen, dass niedergelassene Ärzte, die an solchen Kooperationen teilnehmen, dies der KV mitteilen müssen. Das habe die Berliner Senatsgesundheitsverwaltung jedoch ebenso abgelehnt wie die Forderung, über die Verträge informiert zu werden.

Verbraucherschützer raten Patienten zu Eigeninitiative bei der Klinikwahl. Bei einer planbaren Operation sollte man sich durch unabhängige Quellen informieren, empfiehlt der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Für Berlin gibt es seit 2006 ein solches, regelmäßig aktualisiertes Angebot. Der Klinikführer von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin listet für jedes Krankenhaus Daten zu Behandlungsqualität und Anzahl bestimmter Eingriffe auf. Zudem präsentiert er die Klinikempfehlungen niedergelassener Ärzte für bestimmte Erkrankungen. Der „Klinikführer Berlin 2009“ kostet 9,80 Euro (Tagesspiegel-Abonnenten 7,80 Euro) und ist erhältlich in Buchhandel, Tagesspiegel-Shop (Tel. 26009 582) oder im Internet unter www.tagesspiegel.de/shop.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false