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Politik: Clement: Schluss mit den Schlagworten

Wirtschaftsminister fordert mehr Sachlichkeit bei Kapitalismuskritik / SPD ärgert sich über die Grünen

Berlin - In der Kapitalismus-Debatte hat Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) die Unternehmen in Schutz genommen und mehr Sachlichkeit angemahnt. „Lasst uns nun von den Schlagworten zu den Schwerpunkten kommen“, forderte Clement in Leipzig. Die Unternehmen trügen eine hohe Verantwortung und würden dieser auch gerecht.

Für Empörung über die SPD hinaus sorgte der Historiker Michael Wolffsohn, der die von SPD-Chef Franz Müntefering angestoßene Debatte mit der Nazi-Hetze gegen Juden in Verbindung gebracht hatte. Münteferings Vergleich von Finanzinvestoren mit Heuschreckenschwärmen erinnere an „Vokabeln aus dem Wörterbuch des Unmenschen“. Neben etlichen SPD-Politikern wies auch der Zentralratsvorsitzende der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, diese Kritik zurück. „Herrn Müntefering und der SPD Antisemitismus zu unterstellen, finde ich absurd“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Die NRW-SPD verurteilte Wolffsohns Äußerungen als „unglaubliche Entgleisung“.

Unterstützung erhielt Müntefering von Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass. Die Bürger sähen sich dem Diktat der Ökonomie schutzlos ausgesetzt, schreibt Grass in der „Zeit“. Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns Vattenfall, Klaus Rauscher stellte sich ebenfalls hinter den SPD-Chef. „Was Müntefering sagt, ist im Prinzip richtig." Zwar habe sich der SPD-Vorsitzende „teilweise im Ton vergriffen“; das Grundproblem habe er aber zu Recht benannt. „Werte schaffen nur Menschen, die arbeiten. Nicht irgendein anonymes Kapital“, sagte Rauscher.

In der rot-grünen Koalition löst die Kapitalismuskritik zunehmend Spannungen aus. SPD-Fraktionsvize Michael Müller griff die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt an, weil sie sich von Münteferings Wortwahl distanziert hatte. „Frau Göring-Eckardt muss sich die Frage stellen, ob Solidarität für die Grünen eine Einbahnstraße ist“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wenn die SPD Fischer stützt, erwarten wir auch Unterstützung von den Grünen für eine notwendige Diskussion.“ An Grünen-Chef Reinhard Bütikofer appellierte Müller, für „Klarheit im eigenen Laden“ zu sorgen. Der Chef der Grünen-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Winfried Kretschmann, verschärfte indes die Kritik. Münteferings Vorstoß sei „völlig nutzlos und gefährlich“.

In der SPD werden derweil Rufe nach konkreten Folgen auf die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder lauter. So sprachen sich die SPD-Landeschefs Heiko Maas (Saarland), und Wolfgang Jüttner (Niedersachsen) dafür aus, die von der Koalition eingeführte Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei Unternehmensverkäufen rückgängig zu machen. Maas sagte der „Leipziger Volkszeitung“, die Rücknahme der Steuerfreiheit wäre ein sinnvoller Punkt. Jüttner sagte dem Tagesspiegel, die Rücknahme habe „viel Plausibilität für sich“. DGB-Vize Ursula Engelen-Kefer rief die Bundesregierung dazu auf, „diese und andere ungerechtfertigte Subventionen im Rahmen der Unternehmensbesteuerung zu überprüfen“.

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