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Politik: Das dicke Ende kommt noch

Die Kassen erwarten schwierige Zeiten – trotz eines Milliarden-Überschusses in diesem Jahr.

Berlin - Trotz der Finanzkrise können die 184 gesetzlichen Krankenkassen das laufende Jahr voraussichtlich noch mit einem Überschuss abschließen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums erwirtschafteten sie bis September ein Plus von 1,4 Milliarden Euro. Auffällig sind allerdings die hohen Ausgabenzuwächse. Für die ärztliche Versorgung gaben die Versicherer 8,7 Prozent mehr aus als im Vorjahreszeitraum. Die Kosten für Krankenhäuser stiegen um 6,4 Prozent, die für Arzneimittel um 5,2 Prozent. Und bei letzteren sind die Impfkosten für die sogenannte Schweinegrippe noch nicht enthalten.

Die 600 Millionen Euro für die Impfkosten schlügen dann im vierten Quartal zu Buche und könnten den erwarteten Jahresüberschuss trotz der Weihnachtsgeldzahlungen wieder unter eine Million drücken, teilte das Ministerium mit. Dennoch werde sich die finanzielle Ausgangsbasis für das Jahr 2010 bei den meisten Kassen nochmals verbessern. Schon Ende 2008 seien sie mit einem Polster von 4,9 Milliarden Euro ausgestattet gewesen.

Viel nützen wird ihnen das für das schwierige Jahr 2010 dennoch nicht. Erstens sind die Finanzreserven, wie das Ministerium einräumt, „sehr unterschiedlich verteilt“. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen etwa stehen bei den Überschüssen deutlich besser da als die Ersatzkassen. Zweitens sind die gesetzlichen Versicherer angewiesen, eine nicht antastbare Reserve von 3,5 Milliarden Euro vorzuhalten. Und drittens hat der Schätzerkreis den Kassen fürs kommende Jahr bereits ein Defizit von 7,5 Milliarden Euro vorausgesagt. Den versprochenen Bundeszuschuss von 3,9 Milliarden abgezogen, bliebe demnach für 2010 immer noch ein Minus von 3,6 Milliarden Euro. Am kommenden Mittwoch sitzen die Schätzer erneut zusammen. Dass ihre Prognosen viel positiver ausfallen, ist kaum zu erwarten.

Immerhin, so vermerkt das Ministerium, hätten sich die Gesamtausgaben für jeden Versicherten in den ersten drei Quartalen 2009 nur um 6,6 und nicht um sieben Prozent erhöht, wie vom Schätzerkreis für 2009 angenommen. Der Zuwachs von 8,7 Prozent für niedergelassene Ärzte zeige, dass sich deren Honorarsituation „erheblich verbessert“ habe. Bei den Arzneikosten allerdings seien „weiterhin deutliche Zuwächse“ zu erwarten.

Die dickste Ausgabensteigerung verbuchten die Statistiker mit 21,5 Prozent bei ärztlichen Früherkennungsuntersuchungen. Dies sei aber gesundheitspolitisch gewollt gewesen, heißt es im Ministerium. Erstaunlich dagegen ist auch aus dessen Sicht der rasante Anstieg der Krankengeldausgaben. Das verzeichnete Plus von 9,7 Prozent sei „im Vergleich zu früheren konjunkturellen Krisenzeiten völlig untypisch“. Man werde „sorgfältig analysieren müssen“, ob sich hierin womöglich eine Zunahme bestimmter Langzeiterkrankungen – etwa im psychischen Bereich – ausdrücke. Krankenkassen wie die DAK beobachten bei den Arbeitnehmern seit längerem einen „alarmierenden Anstieg“ psychischer Krankheiten. Rainer Woratschka

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