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Im BLICK: Das Kreuz der Kirche

Zu Beginn des Sommers sprach ein hochrangiger Vertreter der katholischen Kirche von der „Megakrise“, in der sich seine Institution befinde. Dramatisch steigende Austrittszahlen zeigen, wie sehr das Vertrauen geschwunden ist, der Missbrauchsskandal hat für viele nur das Fass zum Überlaufen gebracht.

Zu Beginn des Sommers sprach ein hochrangiger Vertreter der katholischen Kirche von der „Megakrise“, in der sich seine Institution befinde. Dramatisch steigende Austrittszahlen zeigen, wie sehr das Vertrauen geschwunden ist, der Missbrauchsskandal hat für viele nur das Fass zum Überlaufen gebracht. Einer aktuellen Studie zufolge fühlt sich nur noch die Hälfte der Kirchenmitglieder mit der Kirche verbunden; selbst unter den Frommen folgt nur noch eine Minderheit den Lehren der Kirche in der Sexualmoral. „Wenn das so weitergeht, sind wir vielleicht irgendwann nicht mehr da“, hatte der hochrangige Kirchenrepräsentant gesagt.

Und jetzt, zwei Monate später, soll alles vorbei sein? Von Montag bis Donnerstag kommen die deutschen Bischöfe zu ihrer Herbstvollversammlung in Fulda zusammen. Das Thema Missbrauch wird ein Thema von vielen sein und am letzten Tag zur Sprache kommen. Davor soll es um die verfolgten Christen in Indien gehen, die Bundeswehrreform und die Kirchenfinanzen. Die Katholische Nachrichtenagentur spricht von der „ersten Vollversammlung nach der großen Krise“. Dass die Krise zu Ende ist, davon kann keine Rede sein. Das Tagungsprogramm dokumentiert die Hilflosigkeit der Bischöfe. „Die Bischöfe waren entsetzt über die Missbrauchstaten. Das haben sie auch ehrlich zum Ausdruck gebracht“, sagte der Sprecher eines Bischofs, „aber viele sind unfähig, daraus Konsequenzen abzuleiten“.

Und vor allem: Sie schaffen es nach wie vor nicht, die Opfer ernst zu nehmen. Sonst würde die Frage der Entschädigung in Fulda eine zentrale Rolle spielen. Die Jesuiten haben diese Woche angekündigt, bald mit einem eigenen Vorschlag an die Öffentlichkeit zu gehen. Doch die in Rede stehende vierstellige Summe reicht den Betroffenen nicht. Sie verlangen, wie ein Sprecher am Samstag sagte, eine „tatsächliche angemessene Genugtuung für das, was uns vor Jahrzehnten angetan worden ist" – konkret in Anlehnung an zuletzt durchschnittlich festgelegte Schmerzensgelder 82 873 Euro.

Das ist das Signal, auf das viele Opfer warten: Ihr, die Geschädigten seid uns wichtiger als unser eigener Lebensstandard. Sicher, die Bischöfe haben ihre Leitlinien zum Umgang mit Missbrauch ein bisschen verschärft und einige Bischöfe bemühen sich, die Perspektive der Opfer einzunehmen. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode will demnächst in einem Bußgottesdienst ein Schuldbekenntnis ablegen. Für eine generelle Entschädigung der Opfer ist er nicht. Solange es bei büßenden Worten bleibt, wird sich auch der Eindruck halten, dass es den Bischöfen eben doch nach wie vor als erstes um die Institution geht.

Aber auch da gäbe es genug anzupacken. So sprachen sich in einer Umfrage unter österreichischen Priestern 79 Prozent für die Abschaffung des Zölibats aus. Auch der deutsche Jesuitenprovinzial erklärte in der vergangenen Woche, dass er für die Aufhebung der Zölibatspflicht ist. Aber offenbar fehlt es den Bischöfen nach wie vor an Mut, grundsätzliche Reformen anzugehen oder auch nur offen darüber zu debattieren.

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