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Politik: Das Schweigen des Präsidenten

Vaclav Klaus sagt nicht, ob er für den EU-Beitritt stimmen wird

Als „Euroskeptiker“ haben sich die Tschechen einen Ruf gemacht. Der Knoten in einer EU-Fahne soll nun diejenigen, die noch auf die Werbeplakate blicken, an den bevorstehenden Volksentscheid über den EU-Beitritt erinnern. Täglich wächst die Gefahr, dass die Tschechen am Freitag und Samstag sozusagen stimmlos auf ihre Datscha verschwinden. Die Regierung würde das als Blamage vor dem Rest Europas empfinden. Opposition und Staatspräsident sehen das genauso. Bei einer geringen Beteiligung am Referendum, so legen sie dem sozialdemokratisch geführten Kabinett von Ministerpräsident Vladimir Spidla nahe, bleibe als Konsequenz nur der Rücktritt. Und so mancher wittert angesichts der niedrigen Beteiligung an den Referenden der Nachbarländer schon Morgenluft.

Im Hinblick auf das für sie verbindliche Ergebnis hat die Regierung keinen Grund zur Sorge: Den Umfragen zufolge wollen drei Viertel aller Tschechen das „Ano“, das „Ja“ ankreuzen; und im Unterschied zur Rechtslage in Litauen oder in Polen, wo zur Gültigkeit des Referendums eine Beteiligung von mindestens fünfzig Prozent nötig war, ist die Abstimmung in Tschechien schon gültig, wenn nur ein einziger Bürger hingeht.

Von den fünf Parlamentsparteien sprechen sich nur die Kommunisten gegen den EU-Beitritt aus. Das wenigstens ist die offizielle Linie der Partei. Sie sieht in der EU die Fortsetzung sozialistischer Fremdherrschaft mit geografischen Neuerungen: Die „Kommandozentrale“ sitze nicht mehr in Moskau, sondern in Brüssel. Die anderen vier Parteien, so heißt es offiziell, unterstützen den EU-Beitritt. Für Sozial-, Christ- und Freidemokraten in der Regierung gilt das ohne Frage. Schillernd verhält sich allerdings die zweitgrößte Kraft im Lande, die Demokratische Bürgerpartei ODS, deren Gründer, Chef und Zugpferd der heutige Staatspräsident Vaclav Klaus war. Klaus ist der führende Euroskeptiker Tschechiens geblieben. Heute nennt er sich „Eurorealist“, aber er weicht beharrlich allen Fragen aus, ob er am Wochenende für die EU oder gegen sie stimmen wird. In seiner offiziellen Ansprache hat Klaus die Bürger lediglich zur Teilnahme am Referendum aufgerufen, mit keinem Wort aber für die EU geworben. „Die Leute sollen nachdenken und selbst entscheiden“, sagt Klaus.

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