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Warnung vor dem Frust: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht bei der Verleihung des Deutschen Umweltpreises im Mannheimer Congress Center Rosengarten.

© dpa

Das "Wir" und das Klima: Was Steinmeier und die katholische Kirche anders machen

Umweltverbrechen sollen künftig als "Sünde" gelten sagen die einen. Klimapolitik muss auf Kohlekumpel Rücksicht nehmen, sagt der andere. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ariane Bemmer

Was ist der Unterschied zwischen dem deutschen Bundespräsidenten und der katholischen Kirche? Letztere muss nicht dauernd abwägen, sondern kann im Namen eines sehr konkreten „Wir“ klare Ansagen machen (lassen). Wie am Sonntag: Bei der Bischofssynode zur Lage der katholischen Kirche im Amazonas-Gebiet wurde das „ökologische Sündigen“ thematisiert. Als solches sollen künftig Handlungen oder Unterlassungen gegen Gott, den Nächsten, die Gemeinschaft und die Umwelt gelten – sie seien eine „Sünde gegen die künftigen Generationen“. Das schlugen die versammelten Bischöfe als „Wir“ vor.

Umweltsünden hätten damit eine klare Verortung im katholischen Wertegefüge – und es ist wohl kaum vorstellbar, dass Unternehmen, die damit zu tun haben, sich mit Hinweis auf Arbeitsplätze Gnade erhoffen können.

Ganz anders schwang das Thema Ökologie durch, als ebenfalls am Sonntag in Mannheim der Deutsche Umweltpreis an die Bodenkundlerin Ingrid Kögel-Knabner und den Chef der Frosch-Reinigungsmittel, Reinhard Schneider, verliehen wurde. Dazu hielt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Rede, deren Manuskript vorab veröffentlicht wurde.

"Sorgen nicht überheblich ignorieren"

Er lobt die Bewegung Fridays for Future, der es gelungen sei, ein „großes Bewusstsein“ für die Notwendigkeit zu schaffen, „politische Antworten auf den Klimawandel zu finden“ – und begründet dann, warum eine allzu große, gar demokratiefrustrierte Enttäuschung über das Klimapaket der Bundesregierung, nicht angebracht sei, weil man auch an die Menschen in den Braunkohlerevieren denken müsse, die Angst um ihre Arbeitsplätze hätten. Von der nächsten Generation kein Wort, dafür die Mahnung, dass „Wir“ die Job-Sorgen der Kohlekumpel nicht „einfach überheblich ignorieren“.

Dieses „Wir“ wird – anders als bei den Bischöfen auf der Synode – nur vage definiert, nämlich als „Demokratinnen und Demokraten“. Aber was wäre das für eine Trennlinie? Die Demokratinnen und Demokraten auf der einen Seite, die ermahnt werden müssen, die Sorgen der Kohlekumpel auf der anderen Seite nicht überheblich zu ignorieren? Es ist eine betrübliche Skizze der Gesellschaft, die da entsteht. Sie wird ihr vermutlich auch nicht gerecht. Steinmeier warnt vor „polarisierender Identitätspolitik“. Aber befeuert er sie mit solchen Pauschalitäten nicht?

Die Gesellschaft ist in Sachen Klima nicht in zwei Lager geteilt. Die Fragen dazu sind viel zu zahlreich und vielfältig, die Antworten laufen meist Zickzack. Da hat es die katholische Kirche leichter, die einfach eine neue Sünde vorstellen kann.

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