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Claudia Pechstein, Olympiasiegerin im Eisschnelllauf, spricht in ihrer Uniform als Bundespolizistin beim CDU-Grundsatzkonvent.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Auftritt in Uniform bei CDU-Konvent: Pechstein verstieß gegen Polizeidienstvorschrift

Die Sportlerin hielt bei einer Parteiveranstaltung eine Rede – in Bundespolizei-Uniform. Sie selbst verteidigt den Umstand mit Verweis auf das Regelwerk. Doch ihr Dienstherr sieht das offenbar anders.

| Update:

Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hätte bei ihrem umstrittenen Auftritt bei einer CDU-Veranstaltung keine Uniform der Bundespolizei tragen dürfen. Ein Sprecher der Bundespolizei bestätigte dem Tagesspiegel auf Anfrage, dass das Tragen von Uniformen seiner Behörde auf politischen Veranstaltungen „nicht statthaft“ sei. Demnach habe Pechstein gegen die entsprechende Polizeidienstvorschrift verstoßen.

Zuvor hatte sich Pechstein nach der Kritik an ihrem Auftritt verteidigt. „Ein ausdrückliches Verbot des Uniformtragens auf Parteiveranstaltungen besteht nicht“, sagte sie der „Bild“-Zeitung. „Ich bin kein CDU-Mitglied. Ich war bei der CDU zu Gast - und zwar als Sportlerin, Beamtin und Bundespolizistin.“

Gemäß der Polizeidienstvorschrift (PDV) 014, Ziffer 3.2 „Dienstkleidung außerhalb des Dienstes“ sei das Tragen der Uniform außerhalb des Dienstes erlaubt und nur bei Krankheit oder der Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes verboten, sagte Pechstein.

Allerdings stellte der Bundespolizei-Sprecher nun auf Tagesspiegel-Anfrage klar, dass auf politischen Veranstaltungen keine Dienstkleidung getragen werden dürfe. Zu den möglichen Konsequenzen wollte er sich nicht äußern.

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Pechstein sorgte am Wochenende für Diskussionen, da Beamte nach dem Beamtenrecht der Neutralitätspflicht unterliegen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte sich zunächst nicht dazu äußern. Die Bundespolizei hat mittlerweile eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet, wie ein Sprecher am Sonntag mitteilte.

Das Bundesinnenministerium hatte am Montagvormittag mitgeteilt, dass es mit einer baldigen dienstrechtlichen Klärung rechne. Sie gehe davon aus, dass dieser Fall sehr zügig geklärt werde, erklärte eine Ministeriumssprecherin am Montag mit Blick auf die dienstrechtliche Prüfung.

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Grundsätzlich gebe es nach dem Beamtenrecht eine Pflicht zur Neutralität und zur Mäßigung, wenn man sich in der Funktion als Beamter oder Beamtin politisch äußere oder betätige. Als Bürger oder Bürgerin könnten es Beamte aber tun. Es komme auf den Einzelfall an, wie der konkret zu bewerten sei. Dies werde von der Bundespolizei dienstrechtlich geprüft, erläuterte die Sprecherin.

„Ich bin stolz darauf, seit 30 Jahren Bundespolizistin zu sein. Es ist mir eine Ehre, diese Uniform zu tragen. Ich würde sie auch wieder tragen“, sagte Pechstein der „Bild“-Zeitung weiter. Auch ihre sportliche Karriere habe sie der Bundespolizei zu verdanken, fügte sie hinzu.

Pechstein beruft sich auf freie Kleidungswahl

Dem Zeitungsbericht zufolge fragte Pechstein im Vorfeld des Auftritts sowohl einen Gewerkschaftsvertreter der Bundespolizei als auch einen Vorgesetzten. Der Auftritt in Uniform sei ihr freigestellt worden, sagte Pechstein demnach.

Eine CDU-Sprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur allerdings am Sonntag, dass vor der Rede nicht klar gewesen sei, dass Pechstein eine Uniform der Bundespolizei tragen werde. Sie habe ihrer Kenntnis nach aber eine Tragegenehmigung für die Uniform. Weder die Parteisprecherin noch Pechsteins Management wollten die Äußerungen kommentieren.

Neben der Kritik erlebte die Bundespolizistin dem Bericht zufolge auch Zustimmung. Sie sei gebeten worden, Impulse für das neue Grundsatzprogramm der CDU zu geben. „Dass einige Anregungen dabei waren, die auf große Zustimmung in der Bevölkerung stoßen, zeigen die zahlreichen positiven Nachrichten, die mich zwischenzeitlich erreicht haben“, sagte Pechstein. Dafür danke sie.

Merz lobt „brillanten Auftritt“

Der Parteivorsitzende Friedrich Merz Kritik wies bereits am Sonntagabend die Kritik an der Eisschnellläuferin zurück. „Der Auftritt war brillant“, sagte Merz im ZDF.

Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion.
Friedrich Merz, CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion.

© dpa/Michael Kappeler

Pechstein habe aus ihrer Erfahrung gesagt, wie wichtig Vereine und Breitensport seien. Diese Aussage interessiere ihn wirklich und nicht das Äußere, sagte Merz weiter. Der Inhalt „war wirklich interessant und der hat uns auch ein Stück motiviert, in diese Richtung weiterzuarbeiten“, so Merz.

Auch Thüringens CDU-Chef Mario Voigt verteidigte die Sportlerin: Pechstein sei „eine der erfolgreichsten Wintersportlerinnen aller Zeiten. Wir sollten stolz darauf sein, was sie für unser Land in der Welt erreicht hat“, sagte Voigt. Er sei „froh, dass sie auf unserem Grundsatz-Konvent klare Worte gefunden hat.“ Das mache eine lebendige Volkspartei aus, fügte der Thüringer CDU-Chef hinzu.

Pechstein warb in ihrer Rede für eine Stärkung des Vereins- und Schulsports. Sie mahnte auch Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber an. Das sorge für mehr Sicherheit im Alltag. Öffentliche Verkehrsmittel „ohne ängstliche Blicke“ nutzen zu können, gehöre zu Problemen, die besonders Ältere und Frauen belasteten.

Der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière, der ebenfalls auf dem CDU-Konvent zu Gast war, nahm Pechstein am Sonntagabend in Schutz. Zwar hätte er ihr „diese Formulierung nicht empfohlen“, sagte er im ZDF. Doch „es gibt dieses Gefühl und dagegen kann man etwas machen“, erklärte der 69-Jährige. 

Zudem hatte Pechstein in ihrer Rede gefordert, dass Verbesserungen in den zuvor benannten Bereichen wichtiger sein sollten, „als darüber nachzudenken, ob wir ein Gendersternchen setzen oder ob ein Konzert noch deutscher Liederabend heißen darf oder ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen“.

Scharfe Kritik am Auftritt

Kritik zu dem Auftritt gab es von mehreren Seiten. Der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, sieht eine klare Verletzung der Neutralitätspflicht. Gegenüber dem „RND“ sagte er: „Durch ihren Auftritt in Uniform hat Claudia Pechstein die Bundespolizei nach außen präsentiert. Deshalb kann in dem Zusammenhang der Eindruck entstehen, bei ihren Äußerungen handele es sich um Aussagen der Bundespolizei.“

Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler schrieb auf Twitter: „Eine Polizeibeamtin in Uniform schwingt Parteitagsreden? Ich reibe mir gerade ungläubig die Augen.“ Er forderte vom Bundesinnenministerium Transparenz und Nachbereitung . Fiedler, bis 2021 Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, nutzte in seinem Tweet den Hashtag „Neutralitätspflicht“.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, die selbst Polizeibeamtin ist, bezweifelte die Rechtmäßigkeit von Pechsteins Auftritt. „Meiner Einschätzung nach ist der Auftritt von Claudia Pechstein in Uniform bei einer Parteiveranstaltung nicht mit geltenden beamtenrechtlichen Pflichten vereinbar“, sagte Mihalic den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Meiner Einschätzung nach ist der Auftritt von Claudia Pechstein in Uniform bei einer Parteiveranstaltung nicht mit geltenden beamtenrechtlichen Pflichten vereinbar.

Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic

Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) schrieb auf Twitter: „Befasse mich seit 25 Jahren mit Beamten und Disziplinarrecht, nicht nur im Innenausschuss, dazu kommt Parteienfinanzierung und Zeugs- dieser Vorgang ist außerhalb von jeder tolerablen Möglichkeit.“

Schleswig-Holsteins Bildungsministerin und stellvertretende Parteivorsitzende, Karin Prien, lobte am Sonntag auf Twitter den „exzellenten CDU-Grundsatzkonvent“. „C. Pechstein sollte ihre Perspektive zu Sport und Ehrenamt beitragen“, schrieb Prien.

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai teilt die Kritik an dem Auftritt der Olympionikin nicht. „Ich finde das nicht problematisch, denn Frau Pechstein, das hat sie ja auch gesagt, ist stolz auf ihre Rolle als Polizistin. Sie ist stolz, in Uniform der Polizei zu sein. Das kann ich absolut nachvollziehen“, sagte Djir-Sarai am Montag. Er finde, alle und auch die Politik sollen Respekt und Dankbarkeit gegenüber der Polizei auch artikulieren. Er sagte: „Ich würde diese Diskussion jetzt nicht überhöhen. Ich sehe da kein Problem darin.“

Im Bundesbeamtengesetz heißt es: „Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben.“

Pechstein gewann bei Olympischen Winterspielen fünfmal die Goldmedaille, außerdem holte sie jeweils zweimal Silber und Bronze. Die Wintersportlerin war 2021 für die CDU in Berlin bei der Bundestagswahl angetreten, jedoch nicht ins Parlament eingezogen. (Tsp, dpa, AFP)

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