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Politik: Der Despot und seine willigen Helfer Rom hilft Kasachstan – weil Berlusconi es befahl?

Rom - Dass „unerhörte“, „untragbare“, „erschütternde“ Dinge passiert sind, darüber ist sich die politische Klasse Italiens einig. Dennoch haben die Parlamentsabgeordneten im Senat am Freitag mit riesiger Mehrheit beschlossen, dass niemand zur politischen Verantwortung gezogen wird: Ein Misstrauensvotum der Opposition gegen den Innenminister und stellvertretenden Regierungschef Angelino Alfano wurde von den drei Parteien der großen Koalition abgeschmettert.

Rom - Dass „unerhörte“, „untragbare“, „erschütternde“ Dinge passiert sind, darüber ist sich die politische Klasse Italiens einig. Dennoch haben die Parlamentsabgeordneten im Senat am Freitag mit riesiger Mehrheit beschlossen, dass niemand zur politischen Verantwortung gezogen wird: Ein Misstrauensvotum der Opposition gegen den Innenminister und stellvertretenden Regierungschef Angelino Alfano wurde von den drei Parteien der großen Koalition abgeschmettert. Der einzige Grund dafür: Alfanos Sturz zöge den Fall der Regierung nach sich und den könne sich das Dauerkrisenland Italien keinesfalls erlauben.

In der letzten Maiwoche erhielt der Stabschef des Innenministeriums, Giuseppe Procaccini, von seinem Chef Alfano den Hinweis, der Botschafter Kasachstans wolle ihn in einer „heiklen Angelegenheit“ sprechen. Procaccini öffnete die Türen und es folgten drei Tage, in denen kasachische Diplomaten die Zentrale des Ministeriums und diverse Polizei- und Ausländerbehörden in Rom belagerten. Sie drängten Sondereinheiten der Polizei, in einer Vorortvilla einen „gefährlichen Kriminellen“ zu suchen. Es handelte sich um den früheren kasachischen Energieminister Mukhtar Ablyasow, der zu einem Kritiker des Regimes von Nursultan Nasarbajew geworden und geflohen ist. Ablyasow hat ein Riesenvermögen im Bankgeschäft gemacht – weil er Milliarden von Dollar unterschlagen hat, sagen die kasachischen Behörden. Interpol sucht Ablyasow deshalb; Großbritannien hat einige seiner exportierten Milliarden eingefroren, ihm gleichwohl den Schutzstatus eines politisch Verfolgten zuerkannt.

In Rom fand die Polizei ihn nicht. Die kasachischen Verfolger verlangten einen zweiten nächtlichen Zugriff. Ferner wurden Ablyasows Frau und die sechsjährige Tochter festgenommen und nach Kasachstan abgeschoben – in jenem Privatjet, den Kasachstans Diktator eigens nach Rom hatte fliegen lassen. War politische Weisung im Spiel? Schutz der italienischen Öl-Interessen in Kasachstan? Eine kleine Hilfe Berlusconis für einen osteuropäischen Despoten-Freund? Vom Übergriff gegen Frau und Tochter Ablyasows, so behaupten in Alfanos Ministerium alle, der Minister sowieso, hätten sie nichts gewusst. Dabei hatte die Nachrichtenagentur Ansa schon eine Stunde nach der ungewöhnlichen Abschiebung berichtet, wer die beiden waren. Hastig hat die Regierung den Ausweisungsbescheid widerrufen – doch Ablyasows Angehörige sind längst dort, wo Nasarbajew sie hat haben wollen: als Geiseln in seiner Hand.

Der Stabschef des Innenministeriums ist zurückgetreten, und eigentlich müsste auch der Minister seinen Hut nehmen. Doch Alfano darf nicht gehen. Er ist nämlich Statthalter Silvio Berlusconis in der Regierung der großen Koalition. Und der hat klargemacht: Schließen sich die Koalitionspartner dem Misstrauensvotum der Opposition an, dann kracht die Regierung als Ganze. Paul Kreiner

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