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Politik: Der Wettbewerb regiert

Die Bundesstaaten in den USA können Steuern eigenständig gestalten – einen Finanzausgleich gibt es nicht

Im Herbst beginnen die Gespräche über die zweite Stufe der Föderalismusreform, in der es um die Bund-Länder-Finanzbeziehungen geht. Anlass für eine kleine Serie im Tagesspiegel: Finanzen im Föderalismus in Deutschland, der Schweiz, den USA, Kanada und Spanien. Teil III: die USA.

Dieser Tage machten Kaliforniens Steuerfahnder von sich reden: wegen ihrer Aktivitäten im Nachbarstaat Nevada. Immer mehr kalifornische Millionäre verlegen ihren Hauptwohnsitz in den Wüstenstaat. Nevada erhebt anders als die meisten Bundesstaaten der USA keinen Aufschlag auf die bundesweite Einkommensteuer; ebenso halten es Alaska, Florida, South Dakota und der Staat Washington. Bei einem Millioneneinkommen führt das zu einer sechsstelligen Steuerersparnis – und, aus Sicht Kaliforniens, zu einem entsprechenden Einnahmeausfall. Legal ist die Verlegung des Steuerwohnsitzes nur, wenn der Bürger sich mindestens die Hälfte des Jahres dort aufhält. So beziehen die Steuerfahnder Posten vor den Anwesen in Nevada und prüfen die Präsenz am angeblichen Hauptwohnsitz.

Ob Konsum- oder Einkommensteuer: Die USA kennen keine regionale Gleichbehandlung der Steuerbürger. Die Einzelstaaten hatten das Besteuerungsrecht, bevor der Bundesstaat 1913 das seine endgültig durchsetzen konnte. Jeder Tourist kann bei einer Reise durch die USA erfahren, dass die jeweiligen Steuerzuschläge, ob auf Spirituosen, die Hotelübernachtung oder den Mietwagen, unterschiedlich ausfallen; sie sind auf den Quittungen ausgewiesen. Gleiches gilt für die Steuererklärung: Der Bürger sieht exakt, wie viele Dollar er an welche Ebene zahlt. Staaten und Kommunen dürfen in eigener Autonomie ihre Zuschläge festlegen. Immer wieder gibt es regionale oder lokale Volksabstimmungen zur Steuerhöhe.

Es gibt auch keinen horizontalen Finanzausgleich, in dem reichere Regionen die ärmeren unterstützen. Die Angleichung der Lebensverhältnisse ist kein Staatsziel. Bis ins Steuersystem regiert der Gedanke des Wettbewerbs. Mit den jeweiligen Sätzen sollen Staaten und Kommunen ruhig um Bürger und Unternehmen buhlen. Wem die regionalen Verhältnisse nicht gefallen, der kann ja umziehen. Mobilität, staatliche Flexibilität und der Gedanke der „besten Praxis“ gelten als Tugenden, nicht als Zumutung. Jeder soll selbst entscheiden, ob er lieber an einem Ort mit niedrigen Steuern lebt oder mehr Abgaben zahlt und dafür hoffentlich auch eine bessere Infrastruktur bekommt. Die Steuerkraft variiert stark, zwischen rund 70 Prozent des Bundesdurchschnitts im armen Mississippi und circa 140 Prozent im reichen Nevada.

Eine Steuervermischung gibt es gleichwohl. Bestimmte Steuern der Einzelstaaten und Kommunen werden auf die Steuerpflicht beim Bund direkt angerechnet oder reduzieren sie. Und der Bund weist den Staaten – und die wiederum den Kommunen – zweckgebundene Mittel für Projekte zu, von Schulen über Gesundheits- und Sozialprogramme bis zur Katastrophenhilfe, zum Beispiel nach Hurrikan „Katrina“ an der Golfküste.

Der Bundesstaat kassiert den Löwenanteil der Steuern, mehr als 55 Prozent, die Einzelstaaten 23 Prozent, die Kommunen etwas über 21 Prozent. Haupteinkommensquellen des Bundes sind die individuelle Einkommensteuer (43 Prozent) sowie die Abgaben für Sozialversicherungssteuern (35 Prozent), die eine Absicherung unterhalb der deutschen Standards finanzieren. Dazu kommen Unternehmenssteuern, Schenkungssteuer und Zölle. Die Einzelstaaten finanzieren sich aus Zuschlägen zur Einkommensteuer (27 Prozent), Umsatzsteuer (24 Prozent), Verbrauchssteuern auf Mineralöl, Alkohol, Tabak (12 Prozent) und Gebühren für Versorgungsleistungen wie Krankenhäuser, Bildung und Straßen.

Trotz oder wegen der befristeten Steuersenkungen der Bush-Regierung, die vor allem Konzernen und Reichen zugute kommen, sind die Bundeseinnahmen deutlich gestiegen. Im April lagen sie um 250 Milliarden Dollar über den Schätzungen. Auch Bush-kritische Medien vermelden, das Geld komme vor allem von Konzernen und Millionären.

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