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Politik: Diakonie-Chef Gohde tritt nach heftigem Streit zurück

Berlin - Seinen Kopf werde man nicht fordern, hatte es vor der Sitzung noch geheißen. Danach jedoch war das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tatsächlich ohne Präsident.

Berlin - Seinen Kopf werde man nicht fordern, hatte es vor der Sitzung noch geheißen. Danach jedoch war das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) tatsächlich ohne Präsident. Der Diakonische Rat befand in interner mehrstündiger Beratung, dass man für eine weitere „gedeihliche Zusammenarbeit“ keine Grundlage mehr sehe. Und Jürgen Gohde – seit zwölf Jahren an der Spitze des Wohlfahrtsverbands mit rund 450 000 fest angestellten Mitarbeitern und erst im Sommer 2005 für weitere fünf Jahre gewählt – zog sofort die Konsequenz. Er legte sein Amt nieder.

Gestürzt war der 57-Jährige Theologe über eine „persönliche Erklärung“, die er Mitte Mai gemeinsam mit Spitzenvertretern der Kommunen, der Arbeiterwohlfahrt und des Roten Kreuzes den Fraktionschefs der Bundestagsparteien hatte zukommen lassen. Die Unterzeichner hatten darin Kürzungen bei Hartz IV gefordert. Die Leistungen, so hieß es in dem Brief, seien „auf die tatsächlich Bedürftigen“ zu konzentrieren, um die „Besorgnis erregende Entwicklung“ bei den Ausgaben zu bremsen. Intern hatte es daraufhin heftigen Ärger gegeben, ein Großteil der 23 Landesverbände distanzierte sich öffentlich von Gohdes Position. Sie warfen ihrem Präsidenten vor, sich gegen die Interessen der Bedürftigen gestellt zu haben. Die Überlegung, wo man kürzen könne, obliege anderen, hieß es. Wenn schon die Diakonie sich nicht mehr auf die Seite der Betroffenen stelle, sei das „wie ein Dammbruch“.

Gohde entschuldigte sich dafür, den Vorstoß nicht verbandsintern abgestimmt zu haben. Er räumte auch ein, dass er hätte klarstellen müssen, sich nur als Person und nicht als Diakonie-Repräsentant an die Politiker gewandt zu haben. Doch vom Tisch bekam er den Ärger nicht mehr. Außerdem hatte der frühere Pfarrer in den Augen vieler etwas vermissen lassen, was für den Chef eines derart einflussreichen Verbandes unverzichtbar ist: sozialpolitisches Gespür. Caritas-Präsident Peter Neher etwa hatte den Brief nicht unterzeichnet – und sogar ausdrücklich vor einer Debatte über Kürzungen gewarnt. Erst einmal müssten die neuen Mehrbelastungen für Arbeitslose ausgeglichen werden, argumentierte er.

Wie es nun weiter geht an der Spitze von Deutschlands zweitgrößtem Arbeitgeber, ist offen. Vorerst werde Vizepräsident Wolfgang Teske den Verband führen, hieß es nur.

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