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Politik: Die Blockierten

Berlin - Mit großer Erleichterung haben sie am Donnerstagabend die Einigung verkündet – weißer Rauch bei der Grundgesetzänderung für die Jobcenter, endlich mal eine Entscheidung, eine politische Dauerbaustelle weniger. Jetzt geht es nur noch darum, das übliche Gesetzgebungsverfahren zu starten.

Berlin - Mit großer Erleichterung haben sie am Donnerstagabend die Einigung verkündet – weißer Rauch bei der Grundgesetzänderung für die Jobcenter, endlich mal eine Entscheidung, eine politische Dauerbaustelle weniger. Jetzt geht es nur noch darum, das übliche Gesetzgebungsverfahren zu starten. Ob noch jemand in der schwarz-gelben Koalition weiß, wie das geht? Gesetzgebung ist ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl immer noch eine eher seltene Angelegenheit in der Bundeshauptstadt. Seit dem vorigen Sommer, also seit einem Dreivierteljahr, hat es kaum größere Gesetze mehr gegeben – sieht man vom Wachstumsbeschleunigungsgesetz im Dezember ab, das aber allein der Wirtschafts- und Finanzkrise und nicht legislativer Planung zu verdanken war. Und vom Bundeshaushalt 2010 natürlich, um den man freilich schlecht herumkommt.

Nirgends ist die gesetzgeberische Flaute besser zu besichtigen als durch einen Blick auf den Bundesrat. Der dümpelt seit Monaten relativ bewegungslos vor sich hin und ergeht sich – mangels Vorlagen der Bundesregierung oder des Bundestags – in stiller, demütiger Selbstbeschäftigung. Denn die Tagesordnungen seit November wurden vor allem durch Gesetzentwürfe der Länder gefüllt und durch die beliebten Entschließungsanträge – also Appelle an die Regierenden etwas weiter oben im politischen Zentrum Berlins, dies zu tun oder das zu lassen. Aus Europa kam zudem ebenfalls kaum etwas, denn die EU-Kommission war ebenfalls monatelang nicht arbeitsfähig und schickte dem Bundesrat keine Vorlagen (die mittlerweile einen ziemlich großen Teil der Tagesordnungen abdecken).

Brüssel liefert nun wieder. Das Warten auf Merkel & Co. aber geht weiter – und gefällt den Akteuren aus dem gleichfarbigen Lager nur bedingt. „Die sind fassungslos, dass nichts vorangeht“, heißt es aus dem Kreis der SPD-geführten Länder über die Kollegen von der Unionsseite, und darin klingt weniger Spott denn Mitgefühl an. In der Tat ist man auf Unionsseite in den Ländern längst nicht mehr überall davon überzeugt, dass es eine gute Idee gewesen ist, erst mal die NRW-Wahl am 9. Mai abzuwarten, bevor man mit dem Regieren beginnt.

Einige immerhin sehen nun Licht am Ende des Tunnels. So langsam laufe der Politikbetrieb ja nun an, stellt ein süddeutscher Unionspolitiker hoffnungsvoll fest. Freilich gibt das die Tagesordnung der Länderkammer an diesem Freitag noch nicht so richtig her. Denn neben dem Bundeshaushalt 2010 – ein Selbstläufer, weil der Bundesrat hier traditionell keine Einwände geltend macht – stimmen die Ländervertreter nur über ein einziges echtes Bundesgesetz ab, ebenfalls ein krisenbedingtes, mit dem Einnahmeausfälle in der Sozialversicherung aufgefangen werden sollen. Die restlichen vier Gesetze, die endgültig zur Abstimmung stehen, resultieren aus EU-Vorgaben oder setzen eine Bund-Länder-Vereinbarung bei der Informationstechnologie um. Ach ja, ein Entwurf der Regierung Merkel über Beschränkungen der Bankerboni ist im ersten Durchlauf – aber ist das nicht auch Krisenlegislative?

Also füllen die Länder ihre Sitzung eben mit Eigenproduktionen. Bremen und Berlin zum Beispiel wollen, dass die doppelte Staatsbürgerschaft eingeführt wird, Sachsen und Baden-Württemberg möchten einen moderneren Pfändungsschutz. Aber erfahrungsgemäß landen solche Vorlagen der Länderkammer, wenn sie denn eine Mehrheit bekommen, beim Bundestag in derAblage P. Getreu dem alten Zentralistenspruch, dass Gesetzgebung der Bund macht und die Länder sich auf das Ausführen selbiger beschränken sollen. Aber wenn’s nichts zum Ausführen gibt?

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